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Zukunft für Jugendliche in Panama

von Barbara Dreiling

Schule für Talent und Leben

Panamaische Eltern drohen ihren Kindern schon mal mit Chapala, wenn sie ungehorsam sind. Die kleine Siedlung dreißig Kilometer westlich von Panama City ist im ganzen Land berühmt und zu Unrecht ein wenig berüchtigt. Manche Kinder und Jugendliche landen wirklich hier – doch nicht wegen Ungehorsam.

Wer hier lebt, hat von den meisten Erwachsenen und ihren Vorstellungen vom Leben genug. Aufgewachsen in großer Armut, ohne Eltern oder in einer Patchworkfamilie, ohne oder mit wenig Schulbildung, haben viele Jugendliche in Panama keine Chance, der Spirale von Armut und Kriminalität zu entfliehen. Von einem stabilen Umfeld konnten sie nur träumen, viele haben die Schule abgebrochen, sind alkohol- oder drogenabhängig oder verhaltensauffällig geworden.

Fachwissen und soziale Kompetenzen

Doch in Chapala finden junge Leute ein solides Fundament für ein eigenständiges Leben. Zurzeit leben 180 Jungen aus ganz Panama in dem Internat. Hier können sie sich um sich und ihre Berufsausbildung kümmern, statt die Probleme ihrer Familien mittragen zu müssen.


Die Berufsschule „Escuela Vocacional de Chapala“ wurde 1969 von der Ordensgemeinschaft der Amigonianer auf einem Hügel dreißig Kilometer westlich von Panama City eröffnet. Auf dem weitläufigen und steilen Areal befinden sich eine Schule, die Berufsschule mit mehreren Ausbildungswerkstätten sowie Internatsgebäude.

Michael ist 17 Jahre alt und macht eine Ausbildung zum Lackierer, Louis Philipe ist 18 und angehender Kfz-Mechaniker. Auch Tischler, Schweißer, Schlosser, Maurer und Bäcker kann man hier werden. Michael möchte nach seiner Lehre noch eine weitere Ausbildung machen und später bei der Polizei arbeiten. Louis Philipe möchte Fremdenführer werden. Für sein späteres Leben helfen ihm nicht nur das erworbene Fachwissen, sondern auch die in der Berufsschule trainierten sozialen Fähigkeiten für den Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden.


Menschen fliehen in die Großstädte

Der Tagesablauf ist wie in einer Schule gegliedert und umfasst auch sogenannte Familienstunden, gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Gehen zu den Gebetszeiten und zum Essen. In den morgendlichen Familienstunden sprechen die Jugendlichen in ihren Wohngruppen gemeinsam mit ihren Erziehern über verschiedene Themen oder soziale Probleme in der Gemeinschaft. Danach gehen sie in die Schule oder zur Ausbildung in die jeweilige Werkstatt. Die strengen Verhaltensregeln geben den Jugendlichen Orientierung in der Gemeinschaft und lassen sie Verantwortung lernen.

Was sie hier bekommen, sind unter anderem Stolz und Erfolgserlebnisse. Viele Möbel im Internat wurden von den Jugendlichen selbst gebaut, die metallenen Bettgestelle haben sie selbst geschweißt. Die Gartenmöbel und die Sitzecken auf den Fluren erzählen täglich, was sie in den Werkstätten geschaffen haben. 

Fragt man Hugo Otto Paz Duarte, den Leiter der Einrichtung, ist es für junge Leute in Panama nicht einfach, sich eine eigene und stabile Existenz aufzubauen. Er berichtet, dass vor allem die Mitglieder der sechs indigenen Volksstämme von Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten abgeschottet auf dem Land leben. Angelockt von den Konsummöglichkeiten fliehen sie in die Großstädte. Doch ohne Bildung und chancenlos auf dem Arbeitsmarkt rutschen sie nicht selten in Kriminalität oder Abhängigkeiten.

Autokennzeichen und ein neues Zuhause

Die Gemeinschaft der Amigonianer hat es geschafft, die Schule auf ein nachhaltiges wirtschaftliches Fundament zu stellen. Denn in den Werkstätten werden Autos nicht nur repariert oder lackiert. Hier werden auch die Autokennzeichen für das ganze Land produziert. Autobesitzer in Panama benötigen jedes Jahr ein neues Kennzeichen, das als Steuernachweis für das laufende Jahr gilt. Dafür zahlen sie zwischen 30 und 100 Dollar an den Staat. Und der Staat zahlt der Berufsschule 5 Dollar für jedes produzierte Kennzeichen. 

Damit ist nicht nur die Ausbildung der Jungen gesichert. Von den jährlich 50 Absolventen bleiben viele der Schule verbunden: Sie haben während ihrer Ausbildung hier ein neues Zuhause und eine Art Familie gefunden.






Zwei Azubis freuen sich auf den Papst

Louis Philipe (18) und Michael (17) leben in Chapala und machen hier ihre Berufsausbildung. Während der Ferien von Weihnachten bis Karneval sind sie nicht zu ihren Familien gefahren und stattdessen im Internat geblieben. Denn sie möchten am Weltjugendtag in Panama City teilnehmen, zu dem auch Papst Franziskus kommt. Im Interview geben sie Einblick in ihren Alltag und ihre Träume für die Zukunft. Herzlichen Dank dem Dolmetscher Jonas.

Freut ihr euch auf den Weltjugendtag, auf den Papst?

Louis Philipe: Si! (Ja!)
Michael: Si! (Ja!)

Wie ist euer Tagesablauf hier in Chapala?

Michael: Wir stehen um halb sieben auf, danach haben wir Familienstunde. Das ist eine Zeit in unserer Gruppe. Wir reden über ein Thema oder über Probleme, die es gerade gibt. Danach frühstücken wir und danach geht es in die Werkstatt oder in die Schule, je nach dem. Ich arbeite in er Lackiererei, mache Beulen aus den Autos und neuen Lack drauf.
Louis: Ich bin im ersten Modul der Kfz-Werkstatt. Ich baue Motoren auseinander und wieder zusammen. Das nächste Modul ist Kolben putzen.

Macht das Spaß?

Michael: Si! (Ja!)
Louis: Si! (Ja!)
Michael: Nein, ihm [Louis] macht das keinen Spaß, weil der Meister so streng ist. [Beide lachen.]

Was möchtet ihr später machen?

Louis: Ich möchte Fremdenführer werden, Touristen abholen und ihnen das Land zeigen.
Michael: Ich möchte noch eine weitere Ausbildung machen und dann zur Polizei gehen.

Was gefällt euch an Panama?

Louis: Die Natur.
Michael: Mir gefällt auch die Natur und verschiedene Landesteile, z. B. wie man in Boquete Erdbeeren anbaut.

Warum seid ihr hier in Chapala?

Louis: Ich bin hier, weil ich gerne Kfz-Mechaniker werden will und das die nächste Werkstatt ist.
Michael: Ich bin hier, weil es in meiner Familie viele Probleme gibt und weil ich in der Schule nicht lernen wollte.

Das Interview führte Barbara Dreiling.