Vatikan will aktiver in internationalen Konflikten vermitteln

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Vatikanstadt/Mainz (KNA) Der Vatikan will seine Vermittlerrolle in internationalen Konflikten ausbauen. Der vatikanische Außenminister Erzbischof Paul Gallagher sagte dem ZDF, man erwäge die Einrichtung einer eigenen Abteilung für internationale Mediation. Zunächst ein Mitarbeiter solle entsprechende Anfragen auf die Möglichkeit diplomatischer Vermittlung prüfen. Die katholische Kirche mit ihrem Netz diplomatischer Kontakte stehe hier in der Verantwortung, sagte Gallagher in einem am Wochenende im ZDF-Blog "Papstgeflüster" veröffentlichten Video-Interview.

Gallagher verwies auf die beschränkten Ressourcen des vatikanischen Apparats, betonte aber zugleich, der Heilige Stuhl verfüge über ein Netz diplomatischer Kontakte wie sonst nur die USA. "Wir haben eine privilegierte Rolle, und das bringt die Verantwortung mit sich, als ehrlicher und guter Makler in internationalen Angelegenheiten zu agieren", sagte der aus Liverpool stammende Kirchendiplomat, der seit November die Außenabteilung des Staatssekretariats leitet.

Im Unterschied zu Nationalstaaten müsse der Heilige Stuhl weder territoriale noch wirtschaftliche Interessen verteidigen. "Wir haben das nicht", sagte Gallagher. Das mache die Kirche freier beim Versuch, widerstreitende Parteien ins Gespräch zu bringen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte im März erklärt, der Vatikan strebe eine aktivere Rolle als Vermittler in internationalen Konflikten an.

Gallagher verwies beispielhaft auf die Rolle des Papstes bei der jüngsten Annäherung zwischen den USA und Kuba. Gerade unter Franziskus gebe es Chancen für kirchliche Diplomatie. Derzeit seien Überlegungen im Blick auf eine Reorganisation des diplomatischen Apparats in Rom wie in den Nuntiaturen, also den päpstlichen Botschaften, im Gang.

Auf die ungewöhnlich direkte Aussage des Papstes zum Armenier-Genozid angesprochen, sagte Gallagher: "Ich denke, guter Dialog gründet auf klaren Gedanken." Nötig sei in der internationalen Gemeinschaft die Bereitschaft, auch unbequeme Dinge zu hören. Es gehe darum, "ohne ein Monopol auf Wahrheit zu beanspruchen, die Wahrheit zu sagen, wie wir sie sehen".

Für die Kirche gebe es keine Trennung zwischen Religion und Diplomatie. Wenn Vatikanvertreter sich als Konfliktvermittler betätigten, täten sie dies "als Kirche und als Männer des Glaubens". Daher sei es gut, wenn Friedenstreffen wie das zwischen dem damaligen israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Juni 2014 eine "Mischung von religiösen Veranstaltungen und politischen Verhandlungen" seien. Jeder brauche persönliche Inspiration und Ermutigung, sagte Gallagher; und "wenn das durch Glauben angeboten werden kann, ist das eine sehr positive Sache".

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