Glauben als Leidenschaft für das Mögliche

Vollversammlung des Katholikenrats im Kölner Maternushaus

Zu ihren 64. Tagen der Begegnung trafen sich die Mitglieder des Katholikenrats in Köln. Der erste Tag war der Vollversammlung des Laiengremiums vorbehalten, der zweite einer Annäherung an das Jahresthema „Unser Glaube: 1700 Jahre Beginn Formulierung des Glaubensbekenntnisses“. Vor allem aber war dieser Tag ein Tag der Begegnung mit dem Katholischen Militärbischof Franz-Josef Overbeck.

Laiengremien und Militärseelsorge im Blick

„durante bello 1943 – dona nobis pacem (Während des Krieges 1943 – Gib uns Frieden)“: Diesen Satz ließ im Kriegsjahr 1943 ein Priester anlässlich seiner Primiz in einen Kelch prägen, und diesen Spruch wählte auch Msgr. Wolfgang Schilk, der als Vertreter von Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann die Vollversammlung des Katholikenrats in Köln eröffnete und am ersten Konferenztag auch die Predigt hielt – die Predigt am Hochfest Verkündigung des Herrn, das, so Wolfgang Schilk, uns alle daran erinnert, dass Gott es sei, der mit den Menschen in schwierigen und dunklen Zeiten die Wege gehe. 

Und schwierig sind die Zeiten in der Tat, wie Msgr. Schilk zu Beginn der Tagung im Kölner Maternushaus sagte. Sein Bericht zur Lage der Katholischen Militärseelsorge stehe stärker als sonst im Lichte der aktuellen gesellschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Lage in der ganzen Welt. 

Angesichts der angespannten Personallage in den deutschen Diözesen und Ordensgemeinschaften ist auch für die Katholische Militärseelsorge die Besetzung vakanter Dienstposten laut Schilk eine der drängendsten Herausforderungen.

Der „sicherheitspolitische Klimawandel“ bringe große Herausforderungen nicht nur für die Soldatinnen und Soldaten, sondern auch für Militärseelsorge und Kirche im Allgemeinen mit sich. Die Frage sei, was die Kirche leisten müsse, wenn die Militärgeistlichen ganz bei der Truppe seien – für Zivilisten, für die Sorge um Kranke und Leidende, für die Familien der Soldatinnen und Soldaten, für Kriegsgefangene und Verwundete. Kirche und Militärseelsorge müssten darauf reagieren, „Resilienz zu stärken, moralische Orientierung zu bieten und seelsorgliche Begleitung auch in Extremsituationen sicherzustellen“, zitierte Msgr. Schilk den Katholischen Militärbischof Franz-Josef Overbeck. 

Vor diesem Hintergrund ist auch die Denkschrift zur Militärseelsorge in Zeiten der Landes- und Bündnisverteidigung zu sehen, die der Fachbereich „Glaube und Grundsatz“ des Katholikenrats und dessen Vorsitzender Fregattenkapitän Dirk Müller erarbeitet und dem Katholischen Militärbischofsamt übergeben hat. Zusammen mit einigen Ideen, wie das Thema weiterentwickelt werden könne, so Müller bei der Tagung in Köln: „Wir wollen am Ball bleiben.“ Msgr. Schilk sicherte zu, dass der Militärbischof und der Militärgeneralvikar sich dazu intensiv beraten haben. Und weiter: „Die Militärseelsorge wird mit den von der Kirche zur Verfügung gestellten personellen Ressourcen diesen Dienst an den Orten tun, die ihr zugewiesen werden. Das mag mitunter bedeuten, dass wir mit bescheidenen Ressourcen unterwegs sein werden, aber Politik mit Hypothesen zu machen und von Möglichkeiten zu träumen, die wir nicht haben, ist illusorisch.“ 

 

Wahlen in Vorstand und ZdK

Mit Wahlen ging die Vollversammlung des Katholikenrats in Köln zu Ende. Hauptmann Lisa-Marie Holzschuh wurde in den Vorstand des Katholikenrats nachgewählt, weil ihr Vorgänger aus der Bundeswehr ausgeschieden ist und deshalb auch den Vorstand verlassen musste. 

Ins Zentralkomitee der deutschen Katholiken entsendet der Katholikenrat drei Mitglieder. Erstmals dabei sind Brigadegeneral Rainer Simon und Stabsfeldwebel Andreas Schmidt, wiedergewählt wurde Oberstleutnant Michael Lippert.

 

Ehrung

Für seine Arbeit im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) für die Katholische Militärseelsorge wurde Oberst Hans-Jürgen Neubauer mit der Medaille des Katholikenrats ausgezeichnet. Die Ehrung wurde ihm von Militärbischof Overbeck überreicht.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist ein zentraler Zusammenschluss katholischer Laienorganisationen und vertritt die Interessen der Katholiken in Deutschland. Es fungiert als Sprachrohr der katholischen Laien und arbeitet eng mit der Kirche und der Gesellschaft zusammen. Das ZdK setzt sich für die Belange der katholischen Kirche und ihrer Mitglieder in politischen und gesellschaftlichen Fragen ein und fördert den Dialog zwischen Kirche und Staat.

Die Medaille des Katholikenrats, die an Oberst Neubauer verliehen wurde, ist eine besondere Auszeichnung für seinen Einsatz im Bereich der Militärseelsorge, die eine wichtige Schnittstelle zwischen Kirche und Militär bildet.

Das Vertrauen wiedergewinnen

Vortrag und Arbeitsgruppen über den „Glauben als Leidenschaft für das Mögliche“

Die Krise der Kirche ist vor allem eine Krise des verloren gegangenen Vertrauens. Und dieses wiederherzustellen, ist nicht nur wichtig für den Fortbestand der Kirche selbst, sondern auch für den Erhalt unserer Demokratie: So beschrieb Prof. Dr. Sellmann den Ausgangspunkt dessen, was er „Glauben als Leidenschaft für das Mögliche“ nennt. 

So nannte er auch seinen Vortrag, mit dem er am zweiten Tag der Katholikenrats-Vollversammlung im Kölner Maternushaus, dem Tag der Begegnung mit Militärbischof Franz-Josef Overbeck, gleichsam das Jahresthema „1700 Jahre Konzil von Nizäa“ einläutete. 

Bei diesem Konzil an der Schwarzmeerküste wurde mit dem Glaubensbekenntnis eine der zentralen und bis heute wirkenden Grundlagen des Glaubens gelegt. Ausgehend von der Glaubens- als einer Vertrauenskrise entwickelte Prof. Sellmann mit den Soldatinnen und Soldaten, die sich auch in Arbeitsgruppen betätigten, eine neue Interpretation des kirchlichen Auftrags.

Nicht nur die Kirche, sondern die ganze Gesellschaft befinde sich in einer großen Vertrauenskrise. Das Vertrauen vor allem in staatliche Institutionen „ist auf historische Weise erschüttert“. Die Kirche habe nicht nur die Aufgabe, für sich Vertrauen zu gewinnen, sondern auch, in die Gesellschaft hinein vertrauensfördernd zu wirken: „Urvertrauen ist der wichtigste Treibstoff einer Demokratie.“ Was er daraus ableitend mit Glauben als Leidenschaft für das Mögliche bezeichnet, das verdeutlichte Prof. Sellmann an einem Beispiel: Das in einem Menschen steckende Potenzial zu erkennen und zu fördern, das könne man nur, wenn man an den Menschen glaube. 

„Das ist eine neue Interpretation des kirchlichen Auftrags.“

Doch was bedeutet das für die Militärseelsorge, was erwarten die Soldatinnen und Soldaten von ihr? Eine Umfrage unter den Delegierten des Katholikenrats förderte interessante Erkenntnisse zu Tage. Demnach erwarten sie von ihren Seelsorgerinnen und Seelsorgern unter anderem die Begleitung in allen Lebenslagen, das Hören auf ihre Lebenswelt, das Wirksam-Machen von Begleitung, Schutz sein und Unterstützung bieten, Stärke und Hoffnung schenken und „Da sein. Das schafft Vertrauen“. 

Was das an praktischen Auswirkungen mit sich bringen kann, das besprachen die Soldatinnen und Soldaten in drei Arbeitsgruppen. „Wir müssen die Familie auf der Couch erreichen“, sagte Stabsfeldwebel Markus Hommers vor dem Hintergrund, dass in der Seelsorge die Lebensgewohnheiten der Soldaten einbezogen werden müssten, um diese zu erreichen. Das zeige sich auch an einem anderen Beispiel. Studierende der Bundeswehr-Unis Hamburg und München besuchen die Universitätsgottesdienste; nach dem Studium in der Truppenverwendung nimmt die Präsenz ab. Hommers:

„Was können wir alle tun, damit die Motivation aus dem Studium im straffen Dienst der Truppe weitergelebt wird?“

Denkbar und wünschenswert sei auch, dass Ehrenamtliche aus der Katholischen Militärseelsorge im Kameradenkreis sichtbarer werden, sagte Fregattenkapitän Jörg Müller, denn: „Wir sind eine lebensnahe Kirche.“ Auf dem Übungsplatz oder beim Gedenken an Kameraden könnten die Ehrenamtlichen einfach mal ein Gebet sprechen. „Da muss nicht der Seelsorger vorne stehen.“

Ähnlich äußerte sich auch Oberst Hans-Jürgen Neubauer: „Militärseelsorge ist eine feste Säule im Bereich der Bundeswehr und benötigt dafür Raum“. Weiter sagte er: „Wir können mit Stolz dazu stehen, dass wir gläubige Christen sind und Staatsbürger in Uniform.“

Wie beides zusammengeht, hauptamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger und die Ehrenamtlichen in Uniform, das verdeutlichte Militärdekan Sylwester Walocha: „Wir haben in der Katholischen Militärseelsorge fast optimale Bedingungen für unser Wirken. Wir können gestalten und haben den Katholischen Militärbischof an unserer Seite. Wenn wir es schaffen, menschlich zu handeln, dann haben wir eine gute Zukunft. Dazu sind Haupt- und Nebenamtliche eine Einheit – ein Wir.“
 

 

Für die Menschenwürde aller einsetzen

Das Jahresthema der Katholischen Militärseelsorge „1700 Jahre Konzil von Nizäa“ nahm Militärbischof Franz-Josef Overbeck zum Anlass, zu verstärktem Einsatz für die Menschenwürde aufzurufen.

Im Pontifikalamt schlug der Bischof in der Basilika St. Gereon einen weiten Bogen vom 1.700 Jahre zurückliegenden Konzil an der Schwarzmeerküste hin zur heutigen Zeit.

Das damals verkündete Glaubensbekenntnis von Nizäa sei das grundlegende Bekenntnis aller, die sich Christen nennen. 

Die Botschaft der Geburt Jesu sei, Gott ist nicht fern von uns, sondern Mensch geworden. „In Jesus ist Gott als Mensch ganz unter uns, das verändert die Perspektive.“ Bis heute. Denn wir leben nun in einer Welt, in der es um die Menschlichkeit gehe. Die Kirche gewinne dann an Glaubwürdigkeit, wenn sie sich als wirklich menschlich zeige. Der Militärbischof sagte in seiner Predigt: 

„Ich bin unter heutigen Bedingungen davon überzeugt, dass die Humanitätsgeschichte unserer Kultur nicht ohne das Christentum und nicht ohne das Glaubensbekenntnis, das die Menschheit als solche ernst nimmt, denkbar wäre.“ 

Die Auseinandersetzungen und Kriege, die wir heute erlebten, machten für uns als Christen den absoluten Wert jedes Lebens und die Würde des menschlichen Lebens deutlich. Er deute die Geschichte des Christentums als die Geschichte der Einweisung der Menschheit in die Menschlichkeit: „Das ist für uns Christen die Perspektive.“ Nicht umsonst seien deshalb Menschenwürde und Menschenrechte unverhandelbar, sagte Bischof Overbeck, der das als eine „immense kulturelle Errungenschaft“ bezeichnete. Seine Predigt beendete er mit einem Aufruf an die in der Basilika Versammelten, darunter viele Soldatinnen und Soldaten:

„Die Freiheit ist bedroht. Gewinnen wir sie wieder zurück durch den Einsatz für die Menschenwürde aller. Jesus ist Gott als Mensch, und das verpflichtet – unbedingt.“
 

Theo Weisenburger

 

Predigt des Katholischen Militärbischofs zum Herunterladen
Von Nizäa bis heute: Mehr Glauben wagen

Vor 1.700 Jahren tagte das Konzil von Nizäa, verständigte sich auf das erste Glaubensbekenntnis und schuf eine bis heute wirkende Grundlage für die christlichen Kirchen – eine Grundlage, die in die Zukunft wirkt. Im KOMPASS März 2025 drucken wir dieses „Große Glaubensbekenntnis“ ab, sprechen über seine Bedeutung für die Ökumene heute und über die Freude am Glauben. Wir setzen dieses Bekenntnis in den Zusammenhang mit Gelöbnissen in der Bundeswehr sowie mit dem Stehen und Bekennen zu anderen Institutionen und zu wichtigen Werten.

Die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages betont: „Gelöbnisse sollten immer in der Öffentlichkeit stattfinden – mitten auf dem Marktplatz.“ Außer um dieses Jahresthema 2025 der Militärseelsorge „Unser Glaube“ geht es zusammenfassend noch einmal um das letztjährige Thema „Landes- und Bündnisverteidigung – Soldat, Mensch, Christ“. Auch dabei gilt: „An Gottes Segen ist alles gelegen.“

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