Ihre Wahl – Ihre Verantwortung

Liebe Leserinnen und Leser,
am 23. Februar richtet sich unser Blick auf die Bundestagswahl – ein Ereignis, das eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft darstellt. Gerade in Zeiten globaler Unsicherheiten und innergesellschaftlicher Spannungen wird deutlich, wie wichtig eine starke, freiheitlich-demokratische Grundordnung ist. Demokratie ist ein Geschenk, das uns Rechte und Freiheiten garantiert – doch sie ist zugleich eine Verpflichtung, die von uns Mitgestaltung und Verantwortung einfordert.
Die Demokratie in unserem Land wird getragen von Werten wie Freiheit, Gerechtigkeit und Würde. Doch was bedeuten diese Werte in einer Welt, in der populistische Strömungen und patriotische Bekenntnisse zunehmend die politischen Debatten prägen? Wo liegen die Gefahren – und wo die Chancen, wenn es um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und die Stabilität unseres politischen Systems geht?
Wir werfen einen besonderen Blick auf die Schnittstellen zwischen persönlicher Wahlfreiheit und politischer Verantwortung. Können unsere christlichen Werte Orientierung bieten, können Grundbegriffe wie Gerechtigkeit und Nächstenliebe, Freiheit und Würde dabei helfen, einen inneren Kompass für die Wahlentscheidung zu entwickeln?
Theo Weisenburger,
Chefredakteur KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche
„Kompromisse im Interesse von Wählerinnen und Wählern können nur gefunden werden, wo Sorgen und Bedürfnisse ernst genommen und Probleme ehrlich kommuniziert werden. Es gibt dabei viele Probleme, die sich nicht einfach nach Parteilogik lösen lassen werden.“
„Hier kann ich etwas bewegen“
Im Gespräch mit drei engagierten jungen Menschen werfen wir einen Blick auf ihre Perspektiven zu Themen wie freiwilligem Dienst, gesellschaftlichem Engagement und der Rolle der Bundeswehr in einer sich wandelnden Welt. Benedikt Kestner, Sprecher der Aktion Kaserne, Daniela Hottenbacher, Bundesvorsitzende des BDKJ, und Stabsfeldwebel Juliana Haberlag, Mitglied im Bundesvorstand der Gemeinschaft Katholischer Soldaten, teilen ihre Gedanken zu den Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft und Streitkräfte stehen, und wie wir als Gemeinschaft zusammenhalten können, um unsere demokratische Ordnung zu bewahren. Ihre Stimmen geben wertvolle Einblicke in die aktuelle Diskussion um Sicherheit, Verantwortung und den Umgang mit populistischen Tendenzen.



„Lasst uns reden, diskutieren und streiten. Aufeinander zugehen und miteinander weitergehen."

Wehrpflicht oder freiwilliger Dienst: Wie stehen Sie dazu und wo engagieren Sie sich für unsere Gesellschaft?
Ich glaube, dass die Freiwilligendienste eine starke Säule in unserer Gesellschaft sind. Wenn Menschen selbst entscheiden können, wo sie sich engagieren, ist die Motivation und der Gewinn für alle einfach so viel größer. Ich selbst habe es sehr genossen, dass ich mich schon als junger Mensch ehrenamtlich engagieren und so teilweise wirklich große Projekte auf die Beine stellen konnte. Das war eine gute Basis für mein weiteres Leben und ich profitiere noch heute von den Erfahrungen und Erlebnissen. Ich bin immer noch sehr aktiv in lokalen Vereinen und ab und an auch als Reservist in der Truppe. Für mich ist das die Chance, einfach mal andere Dinge zu probieren.
Wie müsste die Bundeswehr aufgestellt sein, damit sich mehr Menschen freiwillig für einen Dienst entscheiden?
Ich glaube, es hat nicht so viel mit der Bundeswehr zu tun, sondern vielmehr mit der gesellschaftlichen Akzeptanz. Krieg ist, wer mag es jemandem verübeln, ein Thema, das besonders in Bezug auf das eigene Land gerne tabuisiert wird. Daher beschäftigen sich viele gar nicht mit dem Thema und damit auch nicht mit den Berufsfeldern, die in der Bundeswehr abgebildet werden. Auch wenn der Krieg nun nochmal sichtbarer um Europa und Deutschland geworden ist, fühlen wir uns in Deutschland doch noch immer sehr sicher. Das ist zum einen toll, aber führt auch zu einer gewissen Trägheit, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Was muss Politik tun, damit die Welt wieder sicherer wird? Was können wir als Gesellschaft, was unsere Streitkräfte dazu beitragen?
Politik muss endlich über den eigenen Schatten springen und Politik für die Menschen (in diesem Falle die Sicherheit der Menschen) machen und nicht, um bei der nächsten Wahl wieder die Stimmen zu bekommen. Das bedarf sicherlich einiger Selbstlosigkeit, aber ist aus meiner Sicht die einzige nachhaltige Lösung. Wir als Gesellschaft können offen aufeinander zugehen, andere Meinungen anhören und darüber diskutieren (und auch bis zu einem gewissen Punkt streiten). Das tut gut und beflügelt neue Ideen. Wann haben wir denn verlernt, uns ehrlich auszutauschen, ohne dass der oder die andere gleich beleidigt ist oder die Kommunikation abbricht? Eine Demokratie muss auch andere Meinungen aushalten können. Unsere Streitkräfte müssen im Frieden und im Krieg gut aufgestellt sein. Da haben wir lange gespart. In der aktuellen Welt braucht eine starke Gesellschaft eine starke Bundeswehr, genauso wie eine starke Diplomatie.
Wenn es in Politik und Gesellschaft immer (rechts-) populistischer wird: Was braucht es von jedem einzelnen und von uns allen, damit wir in Gesellschaft und Bundeswehr resilient bleiben und unsere freiheitlich demokratische Ordnung bewahren können?
Ehrlichkeit und den Willen, sich mit den Themen zu beschäftigen. Und dann müssen wir alle mit anpacken, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Als ich 2006 meinen Eid geleistet habe, hätte ich es nicht für möglich gehalten, mir die Frage zu stellen: Wann muss ich akzeptieren, dass eine Demokratie sich mehrheitlich abgewählt hat? Neben all den juristischen Formalitäten, die einige geneigte Leser und Leserinnen sicher besser kennen als ich, hoffe ich, dass wir nicht in die Gelegenheit kommen, uns ernsthaft damit beschäftigen zu müssen. Dafür braucht es aber Wachsamkeit und Engagement. Von Politik, von Gesellschaft und von jedem einzelnen Demokraten und jeder einzelnen Demokratin. Lasst uns reden, diskutieren und streiten. Aufeinander zugehen und miteinander weitergehen. Es geht nur zusammen.
Wir können voneinander lernen und einander besser verstehen.

Wehrpflicht oder freiwilliger Dienst: Wie stehen Sie dazu und wo engagieren Sie sich für unsere Gesellschaft?
Eindeutig Freiwilligendienste und zwar in allen Bereichen! Allein schon deswegen, weil die Motivation derjenigen, die sich freiwillig engagieren, und die Selbsterfahrung und der Lerneffekt auf freiwilliger Basis höher ist! Ich engagiere mich im Bund der Deutschen Katholischen Jugend sowie im Gesundheitswesen als Physiotherapeutin für unsere Gesellschaft.
Wie müsste die Bundeswehr aufgestellt sein, damit sich mehr Menschen freiwillig für einen Dienst entscheiden?
Sie muss nahe am Menschen und besser in unsere Gesellschaft integriert sein, keine in sich selbst geschlossene Struktur haben und sollte nach außen hin die Vielfältigkeit ihrer Berufsbilder und nicht nur ihre Kampfbereitschaft zeigen.
Was muss Politik tun, damit die Welt wieder sicherer wird? Was können wir als Gesellschaft, was unsere Streitkräfte dazu beitragen?
Politik muss auf die Schwachen in der Gesellschaft hören, sie muss die Zukunft gerade junger Menschen im Blick haben und darf nicht in den Eigeninteressen einzelner Mandatsträger und Mandatsträgerinnen handeln. Sie darf sich nicht durch große Lobbykonzerne oder Gelder von Multimillionären zu antidemokratischen Ansprachen und Handeln verleiten lassen. Es gilt für alle MITEINANDER zu reden, HAND IN HAND zu handeln und GEMEINSAM Zukunft zu gestalten.
Wenn es in Politik und Gesellschaft immer (rechts-) populistischer wird: Was braucht es von jedem einzelnen und von uns allen, damit wir in Gesellschaft und Bundeswehr resilient bleiben und unsere freiheitlich demokratische Ordnung bewahren können?
Es braucht Personen, wie die Generation jetzt!, die den Mut und die Stärke haben, sich rechtspopulistischen, antidemokratischen und antifeministischen Tendenzen entgegenzustellen, diese offen anzusprechen und zu hinterfragen. Dies muss durch mehr demokratische, politische und ethische Bildung in Schulen und der außerschulischen Bildung sowie auch bei (jungen) Soldatinnen und Soldaten gefördert werden. Im Austausch miteinander, im Ängste offen ansprechen und gemeinsam Ordnung erhalten, können wir voneinander lernen und einander besser verstehen.
„Jeder sollte damit anfangen sich vor Augen zu führen, was wir alles durch unsere freiheitlich demokratische Grundordnung haben, sogar als selbstverständlich sehen, und nicht nur darüber schimpfen, was alles „falsch" läuft."

Wehrpflicht oder freiwilligen Dienst: Wie stehen Sie dazu und wo engagieren Sie sich für die Gesellschaft?
Aufgrund der sich immer weiter verschlechternden Sicherheitslage weltweit, dem aber bestehenden Wunsch jedes Einzelnen weiter in Frieden und Sicherheit leben zu können, sehe ich eine Reaktivierung der Wehrpflicht als unumgänglich. Eine mögliche Variante könnte hier der „Allgemeine Gesellschaftsdienst" sein, für den die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) sich seit Jahren stark macht. Hierbei wäre eine Ableistung auch, fern der Waffe, in einer der Blaulichtorganisationen oder einem sozialen Bereich denkbar. Nicht nur unsere Gesellschaft würde davon in vielen Bereichen profitieren, sondern möglicherweise würde es auch den Umgang bzw. den Respekt und die Akzeptanz gegenüber diesen Personen- und Berufsgruppen positiv beeinflussen. Bestenfalls könnte sich jeder selbst damit identifizieren. Ich selber bin Soldat im 18. Dienstjahr und engagiere mich u. a. ehrenamtlich in der GKS. Zuletzt fünf Jahre in der Funktion der stellvertretenden Bundesvorsitzenden.
Wie müsste die Bundeswehr aufgestellt sein, damit sich mehr Menschen freiwillig für den Dienst entscheiden?
Für Jemanden, der bereits Teil der Streitkräfte ist, ist diese Frage schwer zu beantworten. Für mich persönlich wäre die Bundeswehr attraktiver, wenn Laufbahnen, Verwendungen und Dienstorte besser planbar wären bzw. man sich auf einzelne Dienstposten und -orte bewerben könnte. Das funktioniert im System der Streitkräfte so nur selten.
Dies System passt so aber zu den heutigen Vorstellungen der jungen Menschen nur noch bedingt. Beruflich möchten diese in der Regel regional bleiben und nur privat die Welt bereisen. Hier muss sich die Bundeswehr wandeln, tut dies in vielen Bereichen aber auch bereits.
Trotz aller Medienkampagnen schafft sie es bisher leider nicht zu zeigen, wie vielseitig das Berufsfeld des Soldaten oder der Soldatin tatsächlich ist. Oder wussten Sie, dass es über 400 Ausbildungsgänge bei der Bundeswehr gibt? Das Bild des Soldaten wird in aller Regel noch immer sein: Der Soldat/die Soldatin mit Helm auf dem Kopf, der Tarnschminke im Gesicht und der Waffe in der Hand, irgendwo im Gelände - die Bundeswehr ist aber so viel mehr!
Was muss Politik tun, damit die Welt sicherer wird? Was können wir als Gesellschaft, was unsere Streitkräfte dazu beitragen?
Die Politik muss vor allem aus ihren parteiinternen Kleinkriegen raus und wieder etwas Zielweisendes und -führendes in diesen turbulenten Zeiten zum Abschluss bringen, und das, ohne dass jeder neue Vorschlag, jeder neue Vorstoß boykottiert wird, nur weil es nicht der eigene ist. Es gibt so viele Bereiche, in denen Veränderungen notwendig wären, sie einzeln zu benennen wäre den jeweils dann vergessenen nicht angemessen. Ein vernünftiger Umgang mit- und untereinander (gern ergänzend durch das Vorleben ureigenster, christlicher Werte) stünde der Politik gut und wäre beispielgebend für uns alle.
Wir alle sollten wieder lernen, respekt- und verantwortungsvoller miteinander umzugehen. Durch die Beschränkungen während der Pandemiejahre ist viel „Soziales-Miteinander", viel Sozialkompetenz verloren gegangen, diese heißt es nun nach und nach wieder neu zu erlernen.
Die Streitkräfte selber können hier erstmal gar nichts tun. Im Inland dürfen sie nur in Krisenfällen eingesetzt werden, im Ausland nur auf Beschluss des Parlamentes und dieses waren bisher immer Stabilisierung- und Ausbildungsmissionen. Ich finde aber, durch Dinge wie beispielsweise das „Bahn fahren in Uniform" sind wir deutlich präsenter in der Gesellschaft geworden und hier ist es unsere Pflicht, als Einzelperson uns vorbildlich zu verhalten und dies beginnt damit, bei Vorfällen z. B. auf dem Bahnsteig, nicht wegzuschauen, wenn jemand diskriminierend beschimpft wird.
Wenn es in Politik und Gesellschaft immer (rechts-) populistischer wird: Was braucht es von jedem einzelnen und von uns allen, damit wir in Gesellschaft und Bundeswehr resilient bleiben und unsere freiheitliche demokratische Ordnung bewahren können?
Jeder sollte damit anfangen sich vor Augen zu führen, was wir alles durch unsere freiheitlich demokratische Grundordnung haben, sogar als selbstverständlich sehen, und nicht nur darüber schimpfen, was alles „falsch" läuft. Ich empfinde unsere Gesellschaft an vielen Stellen zurzeit getrieben von Hass und Hetzte und vergiftet von Neid und Ignoranz. Dies vor allem durch Medien und soziale Plattformen, auf denen sich jeder, geschützt durch die Anonymität des Internets, zu jedem Thema auslassen kann und dabei oft jeglichen Anstand vergisst. Den gesunden Menschenverstand vermisse ich immer häufiger und dabei wäre sich eine eigene Meinung zu bilden und nicht die vorgefertigten Kommentare aus irgendwelchen Medien zu zitieren, der erste Weg, Fake News im Keim zu ersticken. Ich appelliere also, natürlich Dinge kritisch zu hinterfragen, aber nicht alles zu glauben, was man liest oder erzählt bekommt. Sich auch wieder eine eigene Meinung zu bilden und für diese dann auch einzustehen. Dies wäre ein wichtiger Schritt - wieder hin zu einer Gesellschaft, die wieder versteht, was es bedeutet: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!
Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar
Erklärung der deutschen BischöfePDF-Download: Erklärung der deutschen Bischöfe zum Thema Völkischer Nationalismus und Christentum
„Völkischer Nationalismus und das Christentum sind unvereinbar. Die Deutsche Bischofskonferenz spricht sich klar gegen jede Form des Rechtsextremismus aus und betont die unantastbare Würde jedes Menschen als Grundlage für ein gemeinsames, demokratisches Miteinander. Lesen Sie die vollständige Erklärung und erfahren Sie, warum der Kampf gegen Rechtsextremismus und für Menschenrechte notwendig ist.“
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