Patronin mit Kanonen: St. Barbara (4. Dezember)


Eigentlich wollte der begüterte griechische Kaufmann Dioskuros nur das Beste für seine Tochter. Er ließ ihr eine gut ausgestattete eigene Wohnung, sogar mit Badezimmer, einrichten. Dass sich diese in einem abgeschlossenen Turm befand, diente nur ihrem Schutz vor schlechtem Umgang. Und natürlich sollte sie bestmöglich verheiratet werden. Doch als sie ihrem Vater gestand, dass sie sich dem Gott der Christen zugewandt und das Gelübde ewiger Jungfräulichkeit abgelegt habe, um ihre ganze Liebe Jesus zu schenken, war es vorbei mit der väterlichen Liebe. Nachdem sie sich weder durch gute Worte noch durch qualvolle Folter hatte bewegen lassen, dem christlichen Glauben abzuschwören, enthauptete er seine Tochter Barbara eigenhändig mit dem Schwert.

Äste von den Bäumen abschneiden und sie in eine Vase mit Wasser stellen, damit sie zum Weihnachtsfest aufblühen: Das ist ein Brauchtum, das sehr eng mit dem Gedenktag der heiligen Barbara von Nikomedien verbunden ist. Am 4. Dezember denken wir an sie.

Sinnbild der Standhaftigkeit

Laut dem Ökumenischen Heiligenlexikon (www.heiligenlexikon.de) ist Barbara eine „historisch eher unwahrscheinliche Figur“. Sie soll in der Zeit der großen Christenverfolgungen Ende des 3. Jahrhunderts in einer der östlichen Provinzen des Römischen Reichs gelebt haben. Die ersten Nachweise über ihre Verehrung als Märtyrerin finden sich allerdings erst im 7. Jahrhundert in Byzanz, etwas später dann auch in Rom. Die Jungfrau mit dem Turm wurde ein beliebtes Sinnbild der Standhaftigkeit und Glaubenstreue. Als eine der 14 Nothelfer genießt sie große Popularität in der Volksfrömmigkeit.

Verschiedene Berufsstände stellten sich unter den Schutz der Heiligen. Bergleute in Böhmen, Schlesien, Sachsen und Tirol verehrten sie seit dem 14. Jahrhundert, denn der Legende nach soll sich auf der Flucht vor ihrem Vater ein Felsen aufgetan und der Verfolgten ein sicheres Versteck geboten haben. Ab dem 15. Jahrhundert lässt sich, ausgehend von Italien und Frankreich, ihr Kult bei den Angehörigen der Artillerie nachweisen. Auch hierzu gibt es ebenfalls mindestens eine passende Legende: Nachdem er seine Tochter hingerichtet hatte, zog ein Gewitter auf und ein Blitz traf den grausamen Dioskuros, dessen Leib sofort zu Asche verbrannte. Das Symbol des Turms bot einen weiteren Anknüpfungspunkt für die Artilleristen, galt doch deren militärischer Dienst zuvorderst der Verteidigung von Burgen und Festungen. Die Kanoniere unter Kaiser Karl V. machten daher beim Laden ihrer Geschütze Kreuzzeichen über der Mündung und riefen die Heilige an. Die Pulverkammer auf französischen Kriegsschiffen ist bis heute unter dem Namen sainte-barbe bekannt.

Barbarafeier

In den Artillerieeinheiten der Bundeswehr ist der Barbaratag der vielleicht wichtigste des Jahres, verbunden mit ausgelassenen Feiern und Scherzen, bei denen die militärischen Vorgesetzten so manchen Spott über sich ergehen lassen müssen. Es ist ein Tag mit Ventilfunktion, der zugleich den Korpsgeist stärken soll. Dass die dabei in Erscheinung tretende, häufig von einem jungen Offizier gespielte, „Heilige Barbara“ in ihrer Ansprache wohl kaum religiöse Inhalte predigt, dürfte auf der Hand liegen.

Trotz aller weltlichen Ausgelassenheit suchte die Militärseelsorge stets den religiösen Charakter des St.-Barbara-Tages in Erinnerung zu halten. An der Artillerieschule Idar-Oberstein predigte Militärgeneralvikar Georg Werthmann am Barbaratag 1958 über das Berufsethos des Soldaten und stellte Barbara, „das tapfere Weib des Evangeliums“, als Vorbild für Zivilcourage vor. Zivilcourage, „die andere Seite der Tapferkeit“, müsse, so Werthmann, in der Bundeswehr weit mehr als bisher ihr Heimatrecht erhalten, gebunden an das Gewissen und unabhängig vom Urteil der Mitmenschen.

Markus Seemann

gekürzte Fassung, ursprünglich veröffentlicht im KOMPASS, Ausgabe 2019-12