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Wozu gibt es Wehrbeauftragte?

Weshalb hat der Bundestag dieses Amt geschaffen? Und wozu brauchen eigentlich Soldatinnen und Soldaten einen Wehrbeauftragten oder eine Wehrbeauftragte? Wir haben zwei Soldaten gefragt. Die Interviews entstanden vor der Amtseinführung von Eva Högl als Wehrbeauftragte am 28. Mai 2020.
Von Barbara Dreiling und Friederike Frücht

Hast du dich schon mal mit einer Eingabe an den Wehrbeauftragten gewandt?

Fahnenjunker Jonas Rogner: Ich selbst habe mich noch nicht an den Wehrbeauftragten gewandt. Allerdings wollten einige Kameraden einen Brief an ihn schreiben, da es mit der Kompanieführung Unstimmigkeiten gab. Nachdem die Kompanieführung mitbekommen hat, dass ein Brief verfasst wird, hat sie die Unstimmigkeiten noch vor dem Verschicken des Briefes behoben. Das zeigt mir, dass der/die Wehrbeauftragte doch eine gewisse „Macht“ hat und die alleinige Gewissheit ihn/sie kontaktieren zu können, helfen kann.

Was ist aus deiner Sicht die Aufgabe eines/einer Wehrbeauftragten?

Jonas Rogner: Die Aufgabe eines/einer Wehrbeauftragten sollte sein, genau wie die einer Vertrauensperson, immer ein offenes Ohr zu haben und für uns Soldaten zu sprechen. Er/Sie sollte den Mut haben, den Mund aufzumachen, auch wenn man weiß, dass das nicht so karrierefördernd ist. Das heißt: Rückgrat beweisen und loyal gegenüber Soldaten zu sein. Dieses Vertrauen muss natürlich erst mal aufgebaut werden, das dauert seine Zeit. 
Der/Die Wehrbeauftragte sollte dazu beitragen, dass die zivile Bevölkerung uns mehr akzeptiert und respektiert. 

Was müsste der/die Wehrbeauftragte stärker zum Thema machen? Was ist das drängendste Problem der Bundeswehr?

Jonas Rogner: Was das drängendste Problem der Bundeswehr ist, weiß ich nicht. Doch ein Thema bei uns Soldaten ist, dass unsere Ausrüstung im Inland zum Teil nicht dieselbe ist, wie im Ausland. Somit kann der Grundsatz train as you fight nicht immer umgesetzt werden. Der einzelne Soldat muss sich dann für viel Geld private Ausrüstung anschaffen. Außerdem ist die Bürokratie bei uns sehr lästig. 

Wozu brauchen Soldaten einen Wehrbeauftragten/eine Wehrbeauftragte?

Jonas Rogner: Meiner Meinung nach brauchen Soldaten einen Wehrbeauftragten/eine Wehrbeauftragte, damit sie ihre Anliegen vor jemanden bringen können, der direkten Kontakt in den Bundestag hat und diese ansprechen kann. Manchmal gehen Anliegen auf dem Dienstweg verloren, weil ein Vorgesetzter sie für unnötig erachtet. Deswegen ist so eine Person, die immer ein offenes Ohr hat, ein gutes Mittel um den Soldaten Beachtung zu schenken.

Hast du dich schon mal mit einer Eingabe an den Wehrbeauftragten gewandt? 

Leutnant Björn Kremer: Ja, habe ich. Damals hatte ich das Gefühl, auf dem Dienstweg passiert nix.

Was ist aus deiner Sicht die Aufgabe eines Wehrbeauftragten/einer Wehrbeauftragten? 

Björn Kremer: Er zeigt dem Parlament Missstände in der Truppe auf und erinnert die gewählten Politiker daran, dass wir eine Parlamentsarmee sind.

Was müsste der/die Wehrbeauftragte stärker zum Thema machen? 

Björn Kremer: Themen gibt es viele und alle sind wichtig. Nach der Corona Pandemie sollte man überlegen, ob man das System Hilfeleistung im Inneren (unbewaffnet) nicht stärker in den Fokus rückt, also eine Stärkung der zivil-militärischen Zusammenarbeit.

Was ist das drängendste Problem der Bundeswehr? 

Björn Kremer: Ausrüstung und Beschaffung. 

Wozu brauchen Soldaten eine Wehrbeauftragte/einen Wehrbeauftragten? 

Björn Kremer: Er/Sie ist für viele Soldaten und Soldatinnen der letzte Mann/die letzte Frau, der/die noch was bewegen kann.


Anwalt für die Grundrechte der Soldatin und des Soldaten

Der oder die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags wird vom Parlament gewählt und ist zur Aufsicht über die Bundeswehr bestellt. Das Amt des Wehrbeauftragten existiert seit der Gründung der Bundeswehr im Jahr 1956 und ist im Grundgesetz verankert. Nach Artikel 45b erfüllt es seine Aufgabe „zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle“. 

Dabei geht es vor allem um die Grundrechte der Soldatin und des Soldaten als Staatsbürger in Uniform. Der Missbrauch der Streitkräfte zu Handlungen, die der Würde des Menschen und der Grundrechte widersprechen, soll verhindert, die Grundrechte der Soldatin oder des Soldaten sollen geschützt werden. Die Wehrbeauftragten legen dem Bundestag jährlich einen Bericht über die Situation der Bundeswehr vor.

Soldatinnen und Soldaten haben stets das Recht, sich unmittelbar und ohne Einbeziehung der Vorgesetzten an das Amt des Wehrbeauftragten zu wenden. Eingaben werden geprüft und auf übergeordneter Ebene bearbeitet, ohne, dass der Soldatin oder dem Soldaten dadurch Nachteile entstehen dürfen. 

Im Jahr 2019 erhielt das Amt des Wehrbeauftragten 2.459 Eingaben von Soldatinnen und Soldaten oder deren Familienangehörigen. Ein großer Teil der Eingaben aus dem Jahr 2019 sind Personalangelegenheiten wie Verwendungsplanung, Beurteilungen, Besoldungsfragen, oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Beispiel bei Pendlern. Dazu kommen Eingaben zu Menschenführung oder Disziplinarangelegenheiten. Auch Mängel an Ausrüstung, Unterkünften oder Versorgung wurden an den Wehrbeauftragten gemeldet.

Das Verteidigungsministerium und alle dazugehörigen Dienststellen sind gegenüber dem Wehrbeauftragten auskunftspflichtig und müssen Akteneinsicht gewähren. Wehrbeauftragte dürfen Bundeswehrdienststellen ohne Ankündigung besuchen und können auch ohne Eingaben von Soldaten auf Missstände hinweisen.


Kolumne der Wehrbeauftragten

Ab September 2020 wird die neue Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Eva Högl, die monatlichen Kolumnen der Wehrbeauftragten in der Zeitschrift Kompass. Soldat in Welt und Kirche fortsetzen. 

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