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Pilgern und „Highway to Hell“

Orientierung und Gemeinschaft im Dienstalltag. Soldatinnen und Soldaten aus Frankenberg, Bad Frankenhausen, Erfurt, Berlin, Schönewalde und Neubrandenburg pilgerten zur Basilika Heilig Kreuz nach Wechselburg.

Der Militärseelsorger lässt Highway to Hell von AC/DC durch den Lautsprecher schallen. Zögern, dann lösen sich die Rekruten aus dem Stillgestanden, grinsen und wippen im Rhythmus. Zeit für gute Laune während ihrer Grundausbildung. 

300 Soldatinnen und Soldaten stehen abmarschbereit in Rochlitz in Sachsen auf einem Parkplatz. Ihr Ziel ist das 7 Kilometer entfernte Wechselburg. Sie nehmen den Wanderweg entlang der Zwickauer Mulde durch Wiesen und Wälder. Es ist eine Wallfahrt, ein Pilgerweg, zur Heilig Kreuz Basilika in Wechselburg.

Sich dem Leben stellen

Was Highway to Hell mit Pilgern zu tun hat? Wenn wir etwas als "höllisch" bezeichnen, sei das meist etwas Extremes, oft Negatives, erklärte Militärseelsorger Martin Diewald aus Erfurt: "Eine Wallfahrt kann eine eigene Grenzerfahrung sein", sagte der Pastoralreferent. "Wir sind eingeladen, die eigenen Grenzerfahrungen und die unserer Verwandten mitzunehmen, ins Gebet zu nehmen. Wir wollen auch an das Unheil denken, das gestern in Halle geschehen ist." Demnach ist Pilgern wohl nicht dazu da, dem Leben auszuweichen, eher im Gegenteil. 


Für andere beten

Die Soldatinnen und Soldaten machen sich auf den anderthalbstündigen Fußmarsch in regennasser Herbstlaubkulisse. Zwischendurch gibt es noch eine Station auf einer Wiese. Martin Diewald eröffnet sie diesmal mit „Mensch“ von Herbert Grönemeyer und erinnert die Soldaten an ihre Kameraden im Auslandseinsatz, von denen man oft auch nicht weiß, wie es ihnen geht und ob sie heil zurückkehren.

"Ist mal was anderes, Abwechslung vom Alltag und schöne Landschaften, die man sieht“, sagt Panzergrenadier Marcel Kochowski. Der Rekrut will Soldat auf Zeit werden und nimmt zum ersten Mal an der Soldatenwallfahrt teil. „Man unterhält sich mit den Leuten ganz anders, über Dinge, über die man sonst nicht so redet, wenn es um den Dienst geht“, sagt er unterwegs. Und er marschiert weiter mit seinen Kameraden aus der Grundausbildung.

„Wir beten für Sie!“

Als der Zug durch die Torbögen vor der Basilika Heilig Kreuz geht, leuchten Sonnenstrahlen durch das Herbstlaub. Der Prior des Benediktinerklosters an der Basilika, Pater Maurus Kraß OSB, begrüßt die Pilger in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Gotteshaus: „Wir beten für Sie!“, sagt er mit Nachdruck. Aus seinen Worten erkennt man, dass er die Situation von Soldaten und Soldatenfamilien kennt. Er spricht davon wie es ist, wenn Familien und Freunde sich sorgen und jemanden vermissen, der im Einsatz ist. Und davon, wie sich Soldaten verändern, wenn sie in ihr Heimatland und ihr Zuhause zurückkommen.

Gottesdienst in der Basilika

Dann feiern sie Gottesdienst in der großen, romanischen, teils gotischen, über 800 Jahre alten Basilika, deren Architektur ihre eigene Sprache spricht: Das auf dem Lettner erhöhte Kreuz ist Zeichen des christlichen Glaubens an das Leben nach dem Tod.  Sie singen Lieder aus dem Soldatengesangbuch und werden von der Orgel begleitet. "Es war mal was anderes, auch der Gottesdienst in der Basilika“, wird Unteroffizier Max Jagnow später sagen. „Sonst haben wir Feldgottesdienste gefeiert“, erklärt er die mehr oder weniger improvisierten Gottesdienste in Kasernen, auf Truppenübungsplätzen und in Kirchenzelten im Einsatz.

Frieden und Dankbarkeit

Doch die Stelle aus dem Evangelium, die Militärpfarrer Sebastian Gräßer vorliest, ist nicht ohne. „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“, weist Jesus seine Schüler an (Mt 5,44). Das sei im Alltag ein hoher Anspruch und auch die Sehnsucht nach Frieden, die die Pilger mitbringen, ließe sich nicht so leicht verwirklichen, erklärt Leitender Militärdekan Stephan van Dongen in seiner Predigt. Darüber hinaus hieße Gottesdienst, insbesondere Eucharistie feiern immer auch, Gott zu danken für das Gute, das wir schon empfangen haben.

Daran scheint sich auch Oberstabsgefreiter Denny Büchner zu orientieren. Er ist schon das vierte Mal bei der Wallfahrt nach Wechselburg dabei: "Ich bin von der Pfarrhelferin gefragt worden. Im ersten Jahr hat mir das gut gefallen und jetzt mache ich das jedes Jahr, wenn möglich." Was ihm gefällt, sei die gute Laune auf so einer Wallfahrt und, dass er die Möglichkeit hat „über den Alltag nachzudenken und über die Ereignisse, die im letzten Jahr passiert sind."

Wallfahren heißt sich bewegen

Wallen ist ein altes deutsches Wort und bedeutet, in eine bestimmte Richtung unterwegs zu sein. Neben Wallfahrt wird oft auch „pilgern“ verwendet: Der Pilgerweg nach Santiago de Compostela. 

Pilgern leitet sich aus der lateinischen Sprache ab von „peregrinus“ – in der Fremde sein und ist verwandt mit „pergere“ und „per agrum“- „fortfahren“ und „über Land“ – übersetzt. Neben der tatsächlichen Fortbewegung ist auch der Geist in Bewegung.

Wallfahrt ist Tradition bei der Bundeswehr. Schon seit 1958 kommen Soldaten zur Internationalen Soldatenwallfahrt ins französische Lourdes. Dort legen sie ein lebendiges Zeugnis für den Frieden im Marienwallfahrtsort ab. Sie erleben Kameradschaft zwischen Gesunden und Kranken, Jungen und Alten, erfahren lebendige Kirche neu und nehmen intensive Eindrücke mit nach Hause. Aber auch in Deutschland sind die Wallfahrten je nach Bundesland bekannt und beliebt. Informationen gibt es bei der Militärseelsorge am Bundeswehr-Standort.

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