„Was erwarten die Soldatinnen und Soldaten der neu aufzustellenden Panzerbrigade 45 in Litauen von der Militärseelsorge?“ Diese Frage stellte der Katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck den Soldatinnen und Soldaten in Litauen bei seinem zweitätigen Besuch zum Ende der vergangenen Woche. Dazu traf er sie an unterschiedlichen Standorten; besuchte die Deutsche Schule in Vilnius und führte ein Gespräch mit dem Deutschen Botschafter.
Soldatinnen und Soldaten reden Klartext
Eine Antwort gab Oberstabsfeldwebel Nina G., Kompaniefeldwebel der Sanitätseinheit bei der Panzerbrigade 45. Sie verdeutlichte mit umfangreicher Einsatzerfahrung und längerer Anwesenheit in Litauen, was der Dienst dort bewirkt: „Man fühlt sich wohl im Land – tolle Menschen, tolles Land“. Die Sanitätskomponente betreut derzeit mit 21 Soldaten rund 400 Soldatinnen und Soldaten im Land. Mit dem Aufwuchs der Brigade werde aber auch der Anteil an Sanitätspersonal steigen. „Und die Stelle als Kompaniefeldwebel hier ist begehrt“, fährt G. fort.
Allerdings sei die Organisation in der Kaserne in Rokantiskes im Süden der litauischen Hauptstadt Vilnius auch noch von Improvisation geprägt. Zurzeit sind dort litauische und deutsche Soldaten untergebracht; die Litauer ziehen jedoch aus. Deshalb müssten Räume vorübergehend nutzbar gemacht werden. Kein Hindernis für den Sanitätsdienst. Ein Stabsunteroffizier fühlt sich sogar derart richtig in dieser Verwendung, dass er seine Stehzeit in Litauen auf jeden Fall verlängern möchte, erklärt er dem Katholischen Militärbischof.
Grundbetrieb, Übung und Aufwuchs belasten
Von hoher Belastung, Organisationstalent und Willen sprachen auch Soldaten der Stabs- und Unterstützungskompanie in Nemencine. Bischof Overbeck traf sie während einer laufenden Übung. Sie beschrieben ihm, wie anstrengend die Aufstellung der Brigade sei und wieviel Improvisationsvermögen jeder Einzelne dabei mitbringt. Bei aller Belastung stand für die Kompanieführung aber eindeutig fest: „Wir haben einen Auftrag – wir machen das“. Für die Militärseelsorge war dies ein deutliches Zeichen, dass die Begleitung in allen Lebenslagen – durch Kontakte und offene Gespräche – eng und kontinuierlich bleiben müsse, um die Veränderungen der Soldaten und ihrer Angehörigen im Lebensumfeld zu begleiten.
Brigadegeneral Christoph Huber, der Kommandeur der Panzerbrigade 45 in Litauen nutzte den Besuch von Bischof Overbeck, um sich im vertraulichen Gespräch auszutauschen. Im Anschluss überreichte der Katholische Militärbischof das Wappen der Katholischen Militärseelsorge, ein Zeichen für die Absicht, die Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörige seelsorglich in allen entstehenden Lebenslagen zu begleiten.
Begleitung für Kinder und Familien
Sowohl im Gespräch mit den Angehörigen der Sanitätskomponente, als auch mit General Huber und Angehörigen des Stabes wurde klar, dass die Betreuung der Familien eine herausfordernde Aufgabe sei. Dies bestätigte Monika Arens, die Leiterin der Deutschen Schule in Vilnius. „Die Kinder hier spielen anders, als in Deutschland“, sagte sie. „Sie bauen schon mal Panzer aus Holzklötzen“. Sie verdeutlichte damit eindringlich, dass die dienstliche Situation Einfluss auf die familiäre hat. Auch die Versetzung nach Litauen habe Auswirkungen. Die Kinder würden aus der gewohnten Umgebung in Deutschland herausgerissen und müssten sich im unbekannten litauischen Umfeld zurechtfinden.
Auch die Bedrohung sei eine spürbare Belastung für Eltern und Kinder. „Das ist mit Sicherheit ein Thema zuhause“, sagt Arens um aber für sich festzustellen: „Wenn ich Angst hätte, könnte ich nicht hier sein“. Das griff Bischof Overbeck auf: „Es ist wichtig, den Kindern ein sicheres Gefühl in der Schule zu geben“. Unterstrichen wurde diese Absicht der Katholischen Militärseelsorge durch Spiele und Bücher, die Bischof Overbeck den Kindern und Eltern mitgebracht hatte. Sie könnten eine Hilfe im schulischen und im familiären Alltag werden.
Offene Tür in der Kapelle
In der Kaserne Rokantiskes gibt es auch eine Kapelle, in der Bischof Overbeck mit den begleitenden Katholischen Seelsorgern Sven Hoffmann, derzeit in Rukla, und Bernd Heuermann sowie dem Militärdekan Mindaugas Sabonis eine kurze Andacht hielt und sich die Räumlichkeiten anschaute. Sabonis erklärte dem Bischof die Kapelle und erläuterte das Altarbild des Seligen Theophilus Matulionis, ein litauischer Märtyrer, der trotz Unterdrückung und Arrest und schließlich seinem Tod 1962 infolge dieser Misshandlungen in der ehemaligen Sowjetunion den Glauben verbreitete.
Bischof Overbeck in der Deutschen Botschaft
Die Bedrohung und ein gutes Bild von Deutschen Soldaten in Litauen waren unter anderem Aspekte, die der Deutsche Botschafter in Litauen, Cornelius Zimmermann ausführte. In seinem Dienstsitz in Vilnius zeigte sich Bischof Overbeck erfreut darüber, dass auf einem Linienbus in der Stadt der Werbeaufdruck „Sicher Deutsch“ zu sehen war. Der Botschafter nahm dies zum Anlass, um über die Bedeutung der Deutschen Brigade in Litauen zu reden: „Ein großer Zeitanteil der Botschaftsarbeit entfällt zurzeit auf die Unterstützung der Etablierung der Panzerbrigade 45“, erläuterte er. Der Busaufdruck sei eine Kampagne der Botschaft und solle die Präsenz und den Willen des deutschen Beitrags zur Friedenssicherung in Litauen deutlich unterstreichen. Dies war für Bischof Overbeck der Impuls, um dem Botschafter die daraus entstehenden Herausforderungen für die Militärseelsorge in der Begleitung der deutschen Soldaten in Litauen zu verdeutlichen: „Wir begleiten die Soldatinnen und Soldaten und deren Angehörige hier und in jeder Lebenslage, auch den belastenden“.
Norbert Stäblein







