Weihnachten im Einsatz

Weihnachtsmarkt im Camp Castor in Gao © Bundeswehr / PAO
Weihnachtsmarkt im Camp Castor in Gao © Bundeswehr / PAO
Weihnachtsmarkt im Camp Castor in Gao © Bundeswehr / PAO
Weihnachtsmarkt im Camp Castor in Gao © Bundeswehr / PAO
Militärpfarrer Norbert Sauer (re.) und der britische Militärpfarrer Stephen Wilson von der Church of England bei der Internationalen Christmette am Heiligen Abend © Bundeswehr / PAO
Militärpfarrer Norbert Sauer (re.) und der britische Militärpfarrer Stephen Wilson von der Church of England bei der Internationalen Christmette am Heiligen Abend © Bundeswehr / PAO

Bilder und Radioansprache von Militärpfarrer aus Gao

Derzeit sind über 2.300 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz. Weitere befinden sich in sogenannten Anerkannten Missionen wie EFP in Litauen oder in der Ägäis. Sie alle haben Weihnachten fern von ihren Familien verbracht. 

Für sie hat der katholische Militärpfarrer Norbert Sauer diese Radioansprache verfasst. Auf Radio Andernach gab er den Soldatinnen und Soldaten in den Einsatzgebieten sein „Wort zum Weihnachtsfest“ mit in die Weihnachtszeit. 

Liebe Soldatinnen und Soldaten hier in Mali und in den anderen Einsatzgebieten!

Nun ist es so weit! Der Heilige Abend ist gekommen, wir feiern Weihnachten. Doch wir alle begehen dieses Fest nicht – wie sonst üblich – zuhause mit unseren Familienangehörigen, sondern von ihnen getrennt und zudem weit von ihnen entfernt – in unseren Einsatzgebieten. Das ist für viele eine Erfahrung, die Sie zum ersten Mal in ihrem Leben machen und auch machen müssen.

Eine Frage am Anfang: Sind Sie, liebe Soldatinnen und Soldaten hier in Mali und in den anderen Einsatzgebieten in weihnachtlicher Stimmung?

Eines muss ich zunächst sagen: Auch wenn es in vielen Bereichen und Ecken unserer Lager seit Wochen weihnachtlich geschmückt ist – mit künstlichen Christbäumen und Lichterketten –, es fehlen vielerorts einfach die niedrigen Temperaturen und die winterliche Atmosphäre, die wir von zuhause her zu Weihnachten gewohnt sind. Schon allein aus diesem Grunde stellt sich nur schwerlich weihnachtliche Stimmung ein.

Zudem gehört zu dieser weihnachtlichen Atmosphäre vor allem das Zusammensein mit unseren Familienangehörigen. Denn Weihnachten ist das Fest der Familie, und dazu gehören das Beieinandersein im behaglichen Wohnzimmer mit dem leuchtenden Christbaum, Weihnachtslieder hören oder selber singen, sich einander ein frohes Weihnachtsfest wünschen, einander in den Arm nehmen, sich gegenseitig beschenken und vieles andere mehr.

Das ist uns vertraut und das haben wir liebgewonnen. Und das vermissen wir in diesem Jahr, weil es eben nicht möglich ist. Fällt damit für uns Weihnachten in diesem Jahr aus?
Sehen Sie, im Blick auf diese Frage will ich in aller Kürze drei Punkte ansprechen, die für uns im Einsatz und für unsere Familienangehörigen zuhause – davon bin ich überzeugt – wichtig sind.

Ein erster Punkt: 

Weihnachten hat viel mit unseren Gefühlen zu tun. Kein Fest im Jahr ist so emotional beladen wie das Weihnachtsfest. Deshalb: Lassen wir unsere Gefühle zu, aber die sind an diesem Weihnachtsfest eben anders als sonst. Viele sind in sich gekehrt und mit ihren Gedanken bei ihren Lieben zuhause. Andere erleben sich allein und manche fühlen sich sogar ein wenig einsam.

Wieder andere sind sogar traurig, und ich bin mir sicher, dass auch Tränen fließen werden. Verdrängen und unterdrücken wir unsere Gefühle nicht!  Lassen wir sie zu, denn sie kommen aus unserm Innern, aus unseren Herzen. Und „nur mit dem Herzen sieht man gut!“ – sagt im tiefsinnigen Märchen „Der kleine Prinz“ der Fuchs zum kleinen Prinzen. 

Ein zweiter Punkt: 

Wenn wir gerade an Weihnachten unsere Liebsten sehr vermissen, dann wird uns vielleicht wieder neu bewusst, wie wichtig sie für uns und unser Leben sind. Sagen wir ihnen, wie dankbar wir ihnen sind, dass sie zuhause die Stellung halten und uns im Einsatz den Rücken freihalten! Sagen wir ihnen mit ehrlichen und aufrichtigen Worten, wie lieb wir sie haben, wenn wir mit ihnen am Heiligen Abend, in der Heiligen Nacht, an den Weihnachtsfeiertagen kommunizieren! Finden wir dafür persönliche Worte, die aus unseren Herzen kommen! Sicherlich wird es dann auch Tränen geben – auf beiden Seiten. Das sind aber dann Tränen der Dankbarkeit und der Freude. 

Und schließlich ein dritter und letzter Punkt: 

Am Weihnachtsfest geht es nicht in erster Linie und schon gar nicht nur um weihnachtliche Stimmung, so emotional beladen auch dieses Fest ist. Diese weihnachtliche Stimmung gab es beim ersten Weihnachtsfest auch nicht. Und sich nur gegenseitig „Frohe Weihnachten“ wünschen, dadurch kehrt noch keine Freude ein. 

Doch wenn die Weihnachtsbotschaft im Lukasevangelium, die Gott durch den Engel den Hirten damals verkünden ließ, mit den Worten beginnt: „Fürchtet euch nicht! Denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll“, dann lohnt es sich, der Freude von Weihnachten auf den Grund zu gehen. Der tiefste Grund der weihnachtlichen Freude ist die Botschaft Gottes: „Heute ist euch in dem Kind von Betlehem der Heiland geboren!“
Sehen Sie: mit dem „heute“ ist auch unsere Zeit und mit dem „euch“ sind auch wir – hier in Mali und unsere Kameradinnen und Kameraden in den anderen Einsatzgebieten – gemeint, mit dem Unterschied, dass dieser Heiland heute nicht mehr wie damals als Mensch geboren wird, sondern in unseren Herzen.

Doch brauchen wir überhaupt einen Heiland, einen, der uns heil macht, der uns heilt? Sehen Sie, es gibt manches, was wir im Herzen mit uns schleppen: Sorgen, Ängste und Nöte, Verwundungen, die noch nicht verheilt sind, weil noch keine Vergebung geschehen ist, Enttäuschungen, die wir erleben mussten und die wir noch nicht überwinden konnten, und manches mehr. 

Lassen wir uns heute und hier – in Mali oder wo auch immer – diese frohe Botschaft neu zusprechen:  Heute ist uns, ist Dir und mir der Heiland geschenkt, der, der uns heilen will von all dem, was wir im Herzen mit uns herumschleppen. Öffnen wir ihm unser Innerstes, unser Herz! 

Wenn Sie diese frohe Botschaft selber lesen und im Blick auf ihr Leben über sie nachdenken möchten, dann finden Sie diese in der Bibel,im zweiten Kapitel des Lukasevangeliums. Wenn Sie keine Bibel haben, dann schenken wir ihnen eine. Kommen Sie einfach in unser Büro im Gelben Stab oder Sie können sich eine aus dem Kirchenzelt mitnehmen. Dort habe ich auch die Weihnachtsbotschaft – auf einem Blatt gedruckt – zum Mitnehmen bereitgelegt. Oder am besten: Sie hören diese frohe Botschaft mit eigenen Ohren in der Internationalen Christmette, die wir im Camp Castor in Gao in der Heiligen Nacht, um 21.00 Uhr, gegenüber vom Kirchenzelt feiern, oder im Weihnachtsgottesdienst am ersten Feiertag um 10.00 Uhr am Kirchenzelt.

Was ich uns allen wünsche: Mehr als nur eine weihnachtliche Stimmung, die allenfalls oberflächlich ist und wieder schnell vergeht, sondern tiefe Freude im Herzen, die sich in uns verwurzelt, die in uns bleibt und uns über die Weihnachtstage hinaus – auch im neuen Jahr – Kraft schenkt, auch und gerade für unseren Dienst in den Einsatzgebieten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, liebe Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und ihren Familienangehörigen zuhause ein frohes, gnadenreiches und gesegnetes Weihnachtsfest.
Ihr katholischer Militärpfarrer Norbert Sauer im Camp Castor in Gao in Mali

Nachrichtenarchiv