Verteidiger und Diener des Friedens

© Militärordinariat der Republik Österreich
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Tagung zum christlichen Soldatenbild im 21. Jahrhundert.

Militärseelsorger aus zehn europäischen Ländern haben in Wien über aktuelle Herausforderungen diskutiert. Gerade ethische Fragen tauchen im Alltag immer wieder auf.

Wien (KNA, 30.10.2015). Soldaten - einerseits sind sie Verteidiger ihres jeweiligen Landes, andererseits sind sie auch Diener des weltweiten Friedens. Diese Auffassung vertritt der Militärgeistliche Stefan Gugerel. Bei einer internationalen Tagung des Instituts für Religion und Friede der Katholischen Militärseelsorge Österreichs sprach der Leiter der Institution von der gemeinsamen Suche nach einem christlichen Soldatenbild, das die nationalen Grenzen übersteigt. Es brauche den internationalen Diskurs, um ethische Grundsätze im Militär zu etablieren und so der zunehmenden Brutalisierung von Konflikten und militärischen Auseinandersetzungen entgegenwirken zu können.

Aktuelle Herausforderungen für die Militärseelsorge standen im Mittelpunkt der Tagung "Soldier, Warrior, Killer? – Soldatenbild und militärische Kulturen im 21. Jahrhundert", die Ende Oktober in Wien stattfand. Teilnehmer waren Militärseelsorger aus Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Österreich, Polen, der Slowakei, Slowenien und der Tschechischen Republik.

Nicht nur militärische, sondern auch ethische Kompetenzen

Für die Deutsche Bundeswehr konstatierte Thomas Elßner vom Zentrum Innere Führung in Koblenz gravierende Umbrüche in den vergangenen drei Jahrzehnten. 1999 ging die Bundeswehr mit Bodentruppen im Rahmen von KFOR in den Kosovo, mit 6.000 Soldaten. Dieser Einsatz und vor allem der 2002 begonnene ISAF-Einsatz in Afghanistan hätten Selbst- und Fremdwahrnehmung deutscher Soldaten massiv verändert:

Bundeswehrsoldaten lernten heute das Kämpfen, um es in konkreten Fällen auch wirklich anwenden zu müssen. Sie würden zugleich aber lernen, dass es neben militärischen Fähigkeiten auch interkulturelle und ethische Kompetenzen brauche. Die Soldaten hätten erfahren, dass Töten und getötet werden ständige Begleiter ihrer Einsätze sind. Manche von ihnen erkrankten im Einsatz an Leib und Seele, oft irreversibel. Das sei für die deutsche Gesellschaft eine enorme Herausforderung, sagte Elßner.

Erosion von Verhaltensstandards

Die Bedeutung einer guten ethischen Ausbildung unterstrich auch Peter Olsthoorn von der Niederländischen Verteidigungsakademie. Diese bietet ein Bachelorstudium "Militärische Führung und Ethik" an, das die Erosion von Verhaltensstandards während schwieriger Situationen ebenso reflektiert wie die Bedeutung sozialen Zusammenhalts, der Kommandantenverantwortung, der Theorie des Gerechten Kriegs und von traditionellen militärischen Tugenden wie Mut und Loyalität. Dabei sei besonders Loyalität aus ethischer Sicht nicht ganz unproblematisch, sagte Olsthoorn: Man könne auch jemandem gegenüber loyal sein, der das gar nicht verdient.

Der polnische Militärbischof Jozef Guzdek berichtete von einem Anstieg des Bildungsniveaus der Soldaten, vermehrten internationalen Kontakten und einer größeren Offenheit in der Zusammenarbeit mit anderen Armeen für den Frieden. Während die polnischen Soldaten vor 1989 vor allem für die Auseinandersetzung mit dem großen Feind - der NATO - ausgebildet wurden, würden sie heute ihre vornehmliche Aufgabe darin sehen, den Frieden zu sichern. Vor 1989 sei Polen das einzige Land des Warschauer Pakts gewesen, das offiziell Militärseelsorger hatte. Es habe sich aber eher um ein Feigenblatt gehandelt, stellte der Militärbischof klar. Die Seelsorger hätten damals sehr eng mit der staatlichen Führung kooperiert, religiös interessierte Soldaten seien nicht gefördert worden oder hätten die Armee sogar verlassen müssen. Heute begleiten die Militärseelsorger die Soldaten in ihre Einsätze und stehen ihnen geistlich bei, sie verkünden das Evangelium, lehren Militärethik und versuchen auch, in der öffentlichen Debatte die Bedeutung des militärischen Einsatzes für den Frieden herauszustellen.

Denkende, moralisch gefestigte Menschen gefragt

Über das Berufsbild der Unteroffiziere sprach der Kommandant der österreichischen Heeresunteroffiziersakademie, Nikolaus Egger. Das Bundesheer brauche keine Maschinen, sondern den denkenden, methodisch gut ausgebildeten, moralisch gefestigten Unteroffizier, der selbst entscheiden und sich eigenständig um die Belange der Mannschaft kümmern kann. Deshalb würden Unteroffiziere auch nicht nur in militärischen Fächern ausgebildet; es werde großer Wert auf eine breite Bildung gelegt, die auch Zeitmanagement, Führungsqualitäten, politische Bildung, Ethik, Recht und Ausbildungsmethodik umfasst.

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zum Bericht der Österreichischen Militärseelsorge

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