Scharfe Kritik an Atomwaffen 70 Jahre nach Hiroshima

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München/Berlin (KNA) Am 70. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf das japanische Hiroshima haben Vertreter aus Kirche und Wissenschaft scharfe Kritik an diesen Waffen geübt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte eine weltweite Ächtung von Atomwaffen. "Diese Waffe ist so schrecklich, dass es nicht nachvollziehbar ist, dass sie nicht längst schon gebannt worden ist", sagte er am Donnerstag dem Bayerischen Rundfunk (BR). Der US-amerikanische Historiker Peter Kuznick kritisierte die USA für die Nutzung von Atomwaffen als Abschreckungsmittel.

Es gebe immer noch 16.000 Atomsprengköpfe auf der Welt, betonte Bedford-Strohm. "Es ist tatsächlich so, dass die Tatsache, dass in Deutschland Atomwaffen lagern, den meisten Menschen nicht mehr im Bewusstsein ist." Bedford-Strohm nimmt mit einer Delegation des Weltkirchenrates derzeit an den Gedenkfeiern zum Atombombenabwurf in Hiroshima teil. Dort sprach er auch auf einer internationalen Konferenz gegen Atomwaffen.

Der Ratsvorsitzende sieht vor allem Deutschland innerhalb der Nato in der Verantwortung. In deren Strategie sei bisher noch nicht einmal auf den Ersteinsatz von solchen Waffen verzichtet worden. "Also da ist einiges, was in die politische Diskussion hineingehört."

Der katholische Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen hatte bereits am Montag den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch verurteilt. "Mit der nuklearen Abschreckung geht immer Massenvernichtung einher", erklärte der Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi. Jene enormen Geldsummen, die in die Modernisierung der Raketen gesteckt würden, sollten besser zur Verhinderung von Not und Elend genutzt werden. Der Besitz von Atomwaffen nehme den massenhaften Tod von Menschen billigend in Kauf.

Kuznick sagte: "Eisenhower war ein Meister von nuklearen Erpressungen und Drohungen. Aber auch jeder spätere Präsident hat das gemacht, inklusive Obama", sagte Kuznick der Tageszeitung "taz" (Donnerstag). US-Politiker glaubten, Atomwaffen funktionierten als Abschreckung. Das gelte auch für den Konflikt mit Russland. "Die USA und Russland haben weiterhin Tausende Atombomben einsatzbereit gegeneinander gerichtet."

Der Historiker kritisierte zudem, dass die meisten Schulbücher in den USA die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki in Japan vor 70 Jahren als Ende des Zweiten Weltkrieges im Pazifik rechtfertigten. "Fehlinformation über Jahrzehnte hat dazu geführt, dass heute 58 Prozent der Amerikaner meinen, die Atombomben waren gerechtfertigt, so eine Studie von Pew Poll", sagte der Historiker. Auch habe der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama, Hiroshima noch nicht besucht. "Für einen Friedensnobelpreisträger wäre das angemessen."

Am 6. August 1945 hatte die US-Luftwaffe eine Atombombe über der japanischen Großstadt Hiroshima abgeworfen, drei Tage später eine zweite über Nagasaki. Es war der bislang einzige militärische Einsatz von Atomwaffen. Nach Schätzung von Historikern starben mehr als 250.000 Menschen sofort oder teils Jahre später an Strahlenschäden und Verbrennungen. Der damalige Einsatz der Atombomben gilt unter Fachleuten als militärisch sinnlos, da Japan ohnehin kurz vor der Kapitulation stand. Einige Historiker bewerten das US-Vorgehen als Kriegsverbrechen.

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