Kritik an deutschen Rüstungsexporten - "Wie Brandbeschleuniger"

Prälat Dr. Karl Jüsten leitet das Katholische Büro der Deutschen Bischöfe in Berlin. © KS / Doreen Bierdel
Prälat Dr. Karl Jüsten leitet das Katholische Büro der Deutschen Bischöfe in Berlin. © KS / Doreen Bierdel

Berlin (KNA), 18.12.2017. Die beiden großen Kirchen üben Kritik an der deutschen Rüstungsexportpolitik. Die Spitzen der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) forderten am Montag in Berlin erneut mehr Transparenz bei Waffengeschäften und einen Stopp von Ausfuhren in Krisen- und Konfliktregionen wie Saudi-Arabien und die Türkei oder Indien und Pakistan. Waffen wirkten in diesen Gegenden "wie Brandbeschleuniger", sagte der katholische GKKE-Vorsitzende Karl Jüsten bei der Vorstellung des neuesten GKKE-Rüstungsexportberichts.

Demnach erteilte Deutschland 2016 Einzelausfuhrgenehmigungen im Gesamtwert von 6,848 Milliarden Euro. Davon betrafen 54 Prozent geplante Exporte in Drittstaaten außerhalb von Nato und EU. Zu den fünf größten Empfängerländern gehörten mit Algerien, Saudi-Arabien und Ägypten gleich drei Länder, in denen die politische Lage als heikel gilt. Bei den tatsächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen lag der Anteil der Drittstaaten sogar bei 90 Prozent.

Mit Blick auf diese Zahlen sei festzustellen, dass der Export an Drittstaaten inzwischen zur Regel geworden sei, so der evangelische GKKE-Vorsitzende Martin Dutzmann. Sein katholischer Kollege Jüsten erneuerte den Ruf nach mehr Transparenz und einem verbindlichen Rüstungsexportkontrollgesetz. Bei dieser Gelegenheit sollten der "Gemeinsame Standpunkt" der EU in das deutsche Recht übernommen und die "Politischen Grundsätze" der Bundesregierung rechtsverbindlich festgeschrieben werden. Ein vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Anfang 2016 angestoßener Konsultationsprozess verlief im Sande.

Als "gescheitert" bezeichnete Jüsten das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einigen Jahren ausgerufene Konzept der "Ertüchtigung". Es sollte dazu beitragen, Länder in Konfliktregionen zu "Stabilitätsankern" aufzubauen - auch durch den Export von Waffen. "Ein Mehr an Waffen schafft in der Regel keinen Gewinn an Sicherheit und Stabilität, sondern führt zur allgemeinen Verunsicherung potenzieller Konfliktparteien und birgt ein unvorhersehbares Eskalationsrisiko", betonte Jüsten.

Der Rüstungsexportbericht der GKKE wird erstellt in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) sowie mithilfe von weiteren Vertretern aus Wissenschaft und Hilfswerken.

Mitautor Max Mutschler vom BICC richtete den Blick auf die europäische Rüstungspolitik. Mit Einrichtung des Europäischen Verteidigungsfonds würden ab 2020 erstmals explizit Mittel aus dem EU-Haushalt für die Rüstungsforschung und -entwicklung bereitgestellt. Es bestehe die Gefahr, "dass eine Europäisierung der Rüstungsindustrie nationale Rüstungsexportkontrollen erschwert, da es Rüstungsfirmen ermöglicht wird, diese zu unterlaufen".

© KNA. Alle Rechte vorbehalten.

Nachrichtenarchiv