Der Herbstnebel hat sich noch nicht ganz verzogen und doch, in der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf hat der neue Tag schon früh begonnen. Panzer rollen über den Übungsplatz, während Soldaten ihren Dienst antreten. Am Rande dieses Treibens steht seit diesem Jahr ein schlichtes Birkenkreuz am Paradeplatz – ein stiller Wächter und Symbol für die geistliche Dimension des Soldatenlebens.
Pfarrhelferin Doris Weber empfängt mich mit einem Lächeln an der ältesten Standortkirche Deutschlands: „Das Zelt Gottes unter den Menschen". Die 1960 eingeweihte Kirche, deren Architektur an ein Mannschaftszelt erinnert, ist ein Symbol für die Verbundenheit zwischen militärischem und geistlichem Leben. „Hier finden regelmäßig sowohl katholische als auch ökumenische Gottesdienste statt", erklärt Weber, während sie mich durch das beeindruckende Gebäude führt.
Nach der Kirchenbesichtigung gehen wir gemeinsam zum Katholischen Militärpfarramt. „Hier sind alle willkommen", sagt Weber und zeigt auf ein Holzhaus direkt neben dem Katholischen und Evangelischen Militärpfarramt. Es ist der „Raum der Stille", der allen Soldatinnen und Soldaten offensteht. „In einer Umgebung, die oft von Lärm und Hektik geprägt ist, ist dieser Ort eine Oase der Ruhe", erklärt sie.
Weber ist seit 2016 am Standort tätig und verkörpert die Kontinuität in der militärischen Seelsorge. „Wir teilen das soldatische Leben", erklärt sie. „Unsere Tür steht immer offen - für Uniformierte und Zivilbeschäftigte gleichermaßen." Besonders wichtig ist ihre Rolle für die vielen Rekruten in der Kaserne. „Für sie ist der Dienst als Soldat oft mit zahlreichen Fragen verbunden. Gerade bei Gewissensfragen ist die Militärseelsorge ein wichtiger Ansprechpartner“, betont Weber.
Während unseres Gesprächs erzählt sie von Militärpfarrer Mateusz Szeliga, der derzeit die Streitkräfte in Litauen begleitet. In einer Videobotschaft bringt er es auf den Punkt: „Wir sind für euch da, egal wo ihr dient." Diese Worte unterstreichen den Auftrag der Militärseelsorge.
Das Katholische Militärpfarramt Augustdorf betreut nicht nur den lokalen Standort, sondern erstreckt sich auch auf Auenhausen und Höxter. Insgesamt sind rund 3.300 Soldatinnen und Soldaten in der seelsorglichen Obhut des Teams. Weber beschreibt ihre Arbeit leidenschaftlich: „Pfarrhelferin kann man nur zwischen den Soldatinnen und Soldaten sein. Die gemeinsame Basis besteht aus Ehrlichkeit und Vertrauen."
Besonders hervorzuheben ist die absolute Verschwiegenheit der Militärseelsorgenden. Diese Schweigepflicht genießt unter den Soldatinnen und Soldaten höchstes Ansehen. „Hier können die Soldaten alles aussprechen, was sie bewegt, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen", betont Weber. „Das schafft einen geschützten Raum, der in der hierarchischen Struktur des Militärs einzigartig ist."
Ein Höhepunkt im geistlichen Leben der Kaserne ist der jährliche ökumenische Kreuzweg, der am neuen Birkenkreuz seinen Ausgangspunkt nimmt. Diese Tradition bringt Soldatinnen und Soldaten unterschiedlicher Konfessionen zusammen und bietet Momente der Reflexion in einem oft hektischen militärischen Alltag.
Als die Sonne sich dem Horizont zuneigt, kehrt Ruhe in die Kaserne ein. Das Birkenkreuz wirft lange Schatten über den Paradeplatz. Im Raum der Stille zündet jemand eine Kerze an, vielleicht in Gedanken an einen Kameraden in fernem Einsatz.
Die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne zeigt an diesem Tag ihre beiden Gesichter: die notwendige militärische Disziplin und die ebenso wichtige menschliche Fürsorge. Das Katholische Militärpfarramt steht dabei als Brücke zwischen diesen Welten – ein Ort, an dem Stahlhelme abgelegt werden dürfen und die Seele Gehör findet. Hier, wo Panzer ihre Runden drehen, finden Menschen in Uniform auch einen Ort für ihre innersten Gedanken und Gefühle.
Doreen Bierdel