Essener Gespräche: Bischof Overbeck verurteilt Gewalt im Namen der Religion

Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Militärbischof
Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Militärbischof (Foto: EKA / Weigert)

Keine Gewalt im Namen von Religion!

Essen (KNA). Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat Gewalt im Namen der Religion scharf verurteilt. "Gewalt ist selbst dann illegitim, wenn eine Religion auf das Widerlichste geschmäht und mit Kübeln von Schmutz und Verachtung überschüttet wird", sagte er am Sonntagabend bei einem ökumenischen Gottesdienst in Essen. "Die islamistischen Terroristen, die in diesen Tagen unter anderen auch Christen umbringen, löschen mit dem Leben ihrer Opfer auch Sicherheit und Freiheit aus und bedrohen die Rechtsordnung als Ganze."

Freiheit und Frieden sind nach den Worten Overbecks immer nur um den Preis des Verzichts auf körperliche Gewalt zu haben. So sei die Religionsfreiheit einer der wichtigsten Gradmesser dafür, ob es einem Staat und einer Gesellschaft ernsthaft um Gleichheit und Rechte aller gehe. Overbeck äußerte sich bei einer Vesper aus Anlass des 50-Jahr-Jubiläums der "Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche".

Religionen dürften nicht in die Privatsphäre verbannt werden und gehörten in die politische Öffentlichkeit, forderte der Bischof laut Redemanuskript. Denn sie verfügten "über existenzielle und ethische Ressourcen besonderer Art", die im vielfältigen säkularen Denken unterbelichtet seien. Die Beiträge der Religionen zu allen Fragen des gesellschaftlichen Lebens müssten aber mit Vernunft verstanden werden können. "Solches verbietet zugleich fundamentalistische religiöse Ansprüche", so der "Sozialbischof" der Deutschen Bischofskonferenz.

Der Ruhrbischof forderte dazu auf, eine konstruktive Haltung zum Pluralismus in Deutschland zu gewinnen. "Muslime gehören heute wie Christen und Juden, Agnostiker, Atheisten, Nihilisten und Andersdenkende zu Deutschland", sagte Overbeck. Wegen der Globalisierung der Weltgesellschaft sei Deutschland zwangsläufig ein Einwanderungsland geworden. Umgekehrt sei zu beachten, dass der sogenannten "bunten Republik" Spannungen innewohnen. Ein sich anbahnender Kulturkampf sei einzuhegen, indem er auf ein angemessenes Auseinandersetzungsniveau gehoben werde.

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zur Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz

Kardinal Marx würdigt Essener Gespräche zu Staat und Kirche

Bonn / Essen (KNA). Aus Anlass der 50. "Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche" hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die Initiative als wichtigen Beitrag zur zeitgemäßen Art der Neuinterpretation des Verhältnisses von Kirche und Staat gewürdigt. Die "Essener Gespräche" erwiesen sich als Lernvorgang und damit nicht als eine Institution, die im Beharren erstarren wolle, sondern sich mit Gottvertrauen neuen Fragestellungen und Herausforderungen stelle, schreibt Marx in einem Grußwort für die Jubiläumsveranstaltung am Sonntag, 8. März, in Essen.

Im Namen der Deutschen Bischofskonferenz dankte der Kardinal dem Bistum Essen, das sich in den 1960er Jahren "der Aufgabe angenommen hat, das deutsche Staatskirchenrecht als Freiheitsangebot und -chance im Rahmen einer jährlich stattfindenden wissenschaftlichen Tagung zu fördern und zu untermauern". Besonders hob er hervor, dass dabei das Staatskirchenrecht "ein Gebiet großer und enger ökumenischer Kooperation ist". Diese sei nicht nur eine spezielle Folge deutscher Rechtsgeschichte, sondern "ein Beleg dafür, dass es sich um ein konfessionsverbindendes Phänomen handelt, bei dem eine gemeinsame Basis der religiösen Interessen und Standpunkte existiert".

Das Bistum Essen sei mit der Initiative zudem auch "der Geburtshelfer des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands" gewesen, betonte Marx. Die Vielseitigkeit der angesprochenen und in den fünf Jahrzehnten diskutierten Themen sei darüber hinaus ein "Indikator für die Vitalität des Miteinanders von Staat und Kirche, auch in Zeiten des Individualismus".

Die 50. "Essener Gespräche" finden am Montag und Dienstag in der Katholischen Akademie "Die Wolfsburg" in Mülheim an der Ruhr statt. Zum Thema "Neues Vertrauen in Staat, Kirche und Gesellschaft" diskutieren unter anderem Bundestagspräsident Norbert Lammert, Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, der rheinische Präses Manfred Rekowski, Grünen-Politiker Volker Beck, ZDF-Chefredakteur Peter Frey, Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio sowie der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann.

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