Für ein Kirchenarchiv gibt es wohl kaum etwas Schöneres, wenn plötzlich und unerwartet ein bedeutendes Kirchenbuch aus längst vergangenen Zeiten auftaucht.
Es ist ein doch eher seltenes Ereignis, da es kein zuverlässiges Verzeichnis von Kirchenbüchern in den (Erz-)Bistümern gibt, das für sich selbst Vollständigkeit beanspruchen kann. Es kommt durchaus vor, dass alte längst abgeschlossene Kirchenbücher in Pfarrgemeinden meist nach Jahrzehnten noch aufgefunden werden, sei es in alten Schränken und Kellern, Sakristeien, Dachgeschossen, verschlossenen Tresoren, auf Heuböden, oder auch im Nachlass eines längst verstorbenen Pfarrers, der das Kirchenbuch vor Krieg und Zerstörung retten wollte.
So geschah es vor Kurzem im Diözesanarchiv Limburg, dass bei Magazinrevisionen das Kirchenbuch der Militärpfarrgemeinde Frankfurt am Main auftauchte, das bislang dem Bestand des Archivs des Katholischen Militärbischofs nicht bekannt war. Im Prinzip besteht keine einklagbare Pflicht eines Archivs eines (Erz-)Bistums, dem Archiv des Militärbischofs vom Auffinden des Kirchenbuches Kenntnis zu geben, oder dieses sogar für eine volle Übernahme anzubieten. Doch aufgrund der guten Beziehungen nach Limburg brachte ein Archivar aus der Bischofsstadt an der Lahn am 24. April 2024 das Kirchenbuch der Militärpfarrgemeinde Frankfurt am Main persönlich ins Archiv, zur großen Freude der Mitarbeiter.
Dieses Militärkirchenbuch ist ein Mischbuch für den Zeitraum 1936 bis 1945 und umfasst viele Eintragungen zu Taufen, Trauungen und Beerdigungen der Angehörigen der katholischen Soldaten der Wehrmacht. Verantwortlich für die Militärseelsorge und damit auch für die Eintragungen in das Kirchenbuch der zugehörigen Standorten der Wehrmacht in der alten Kaiserstadt Frankfurt am Main war seit 1936 der amtierende Militärpfarrer Hugo Pfleghar (1892-1965), der im Zeitraum bis 1945 auch von mehreren Standortspfarrern im Nebenamt unterstützt wurde. Das Archiv wird diese wertvolle Archivalie zunächst auf Beschädigungen sichten. Danach erfolgt eine vollständige Digitalisierung des Kirchenbuches und die Einlagerung in das klimatisierte Magazin. Unter Beachtung der personenbezogenen Schutzfristen können berechtigte Personen später Eintragungen in dem Militärkirchenbuch einsehen, eine teilweise online Stellung auf dem Matrikelportal „matricula“ ist ebenso geplant.
Es bleibt dazu auch abzuwarten, welche inhaltlichen Schätze sich in dem Militärkirchenbuch so alles finden lassen. Das Militärkirchenbuch ist nun nach langer Zeit der Fehlbelegung endlich am Ende seiner Reise im Archiv des Militärbischofs angekommen. Dort wird es die beste Wertschätzung erfahren.
Maik Schmerbauch