Die Ohnmacht der Gegner

Auf dem Podium v. l. n. r.: Dr. Whetham, General Weigt, Moderator Dr. Bittner, Prof. Münkler und Prof. O'Connell
Auf dem Podium v. l. n. r.: Dr. Whetham, General Weigt, Moderator Dr. Bittner, Prof. Münkler und Prof. O'Connell (© KS / Barbara Dreiling)
Der große Saal der Katholischen Akademie war gut gefüllt.
Der große Saal der Katholischen Akademie war gut gefüllt. (© KS / Barbara Dreiling)
zebis-Direktorin Dr. Veronika Bock bei ihren Worten
zebis-Direktorin Dr. Veronika Bock bei ihren Worten (© zebis / Gertrud Maria Vaske)
In der Diskussion v. l. n. r.: Dr. Mölling, Dr. Whetham, General Weigt, Moderator Dr. Bittner, Prof. Münkler, Prof. O'Connell und Dr. Zywietz
In der Diskussion v. l. n. r.: Dr. Mölling, Dr. Whetham, General Weigt, Moderator Dr. Bittner, Prof. Münkler, Prof. O'Connell und Dr. Zywietz (© zebis / Gertrud Maria Vaske)

„Wir sind unheimlich verwundbar“ – Podiumsdiskussion zum Thema Hybride Kriegsführung:Berlin, 08.07.2015. Wer die Videos von den brutalen Morden des „Islamischen Staats“ (IS) im Internet verfolgt, ist schon Teil des Krieges. Denn Verunsicherung und Zersetzung der europäischen Gesellschaften sind mindestens genauso viel wert, wie die Vernichtung gegnerischer Armeen. Der völkerrechtliche Grundsatz, den Krieg zwischen den Streitkräften und ohne Beteiligung von Zivilisten auszutragen, ist von der Wirklichkeit überholt worden. Aber wurden dieser und andere militärische Grundsätze jemals beachtet?

Darüber diskutierten am Mittwochabend Experten für Politik, Recht, Militär, Ethik und Medien bei der Podiumsdiskussion „Hybride Kriege – Die Ohnmacht der Gegner“ in der Katholischen Akademie in Berlin. Zur Veranstaltung des Zentrums für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis) waren etwa 200 Zuhörer gekommen.

„Wir müssen akzeptieren lernen, dass Konflikte und Kriege neue Regeln aufstellen“, sagte Generalmajor Jürgen Weigt. Es sei der Wirklichkeit nicht angemessen zu glauben, dass militärische Regeln von anderen Streitkräften lediglich nicht akzeptiert würden. Überdies sei Hybride Kriegsführung nicht neu, betonte Mary O'Connell. Die Professorin für Völkerrecht nannte Beispiele aus Wirtschaft und Finanzsektor, die in der Vergangenheit zu Kriegszielen geworden sind. Dabei soll der Gegner bewusst verunsichert werden. Die Abgrenzung, ab wann es sich um Krieg handelt, sei nahezu unmöglich und werde zu einer Frage der Interpretation wie im Fall der russischen Besetzung der Krim. Kämpfer und Gefallene gehörten immer häufiger keiner staatlichen Armee an wie im Fall des IS, dessen Anhänger Terroranschläge gegen Zivilisten verüben.

Der Berliner Politologe Prof. Herfried Münkler erklärte, warum unsere Gesellschaften von einem Vorgehen wie auf der Krim oder in der Ostukraine überrascht wurden. Hier wurden Begriffe und binäre Codierungen in sich nicht mehr klar unterschieden.

Ein Ziel hybrider Kriege sei die Spaltung Europas, charakterisierte Dr. Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik die Situation der mittel- und westeuropäischen Staaten: „Wir sind unheimlich verwundbar“. Im Internet tobt der Cyberwar, wo Hacker staatliche und humanitäre Infrastruktur lahmlegen. Prominentestes Beispiel war wohl kürzlich der Angriff auf das IT-System des Bundestages. Deshalb könne die Reaktion auf Hybride Kriegsführung nicht nur militärischer Art sein. Um Angriffe abzuwehren, müssen Staaten eine bessere Resilienz in Bereichen wie Wirtschaft, Finanzen und Gesellschaft erreichen, so Dr. David Whetham, Senior Lecturer für Militärethik am Defence Studies Department des Londoner King’s College / UK Defence Academy.

Veranstaltungsdokumentation auf der zebis-Homepage

Bericht auf den Seiten des Verteidigungsministeriums

Barbara Dreiling

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