Bischof Overbeck zu aktuellen politischen Themen

Der Bischof von Essen, Militär- und Sozialbischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Gespräch
Der Bischof von Essen, Militär- und Sozialbischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Gespräch (Archivbild: OSH / FMZ)

Sozialbischof Overbeck: Gemischte Bilanz über Hartz-IV-Reformen.

Essen / Bonn / Berlin (KNA, 03.02.2015). Der katholische Sozialbischof Franz-Josef Overbeck hat eine gemischte Bilanz über die Hartz-IV-Reformen gezogen. Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit seien gewachsen, sagte der Ruhrbischof am Dienstag dem Internetportal katholisch.de. „Ohne diese unpopulären Maßnahmen stünde Deutschland im Europavergleich und auf dem Weltmarkt viel schlechter da.“ Es sei aber auch der Druck gestiegen, Arbeit aufzunehmen. Dabei gebe es viele persönliche Härten und neue Gefahren einer „Spirale nach unten“.

Der Bischof warf die Frage auf, ob das Motto „fördern und fordern“ nicht auch dazu benutzt worden sei, von schwierigen Einzelsituationen abzulenken, manche Kürzungen schönzureden und neuer Benachteiligung Vorschub zu leisten. Die hohe Zahl von Klagen verweise darauf, wie gravierend der Einschnitt in das System gewesen sei und wie viel Unsicherheit bei Verwaltungen wie bei Beziehern entstanden sei. „Es ist das Recht eines jeden, seine berechtigten Ansprüche auch einzuklagen“, betonte Overbeck. Gerade bei Hartz-IV-Empfängern zähle jeder Euro, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Der Sozialbischof forderte, für jeden müsse prinzipiell die Chance der Erwerbsarbeit bestehen. Soziale Sicherheit hänge immer noch direkt mit Beschäftigung zusammen, betonte er unter Hinweis auf das Rentensystem sowie die Pflege- und Krankenversicherung. Eine Anstellung mit 40 Wochenstunden müsse existenzsichernd entlohnt werden.

Zum Mindestlohn sagte Overbeck, dieser sei eigentlich Sache der Tarifparteien. Wenn diese aber keine Regelungen fänden, müsse der Staat eingreifen und vor Ausbeutung und Lohndumping schützen. „Manche Dienstleistungen werden durch Mindestlöhne teurer – das ist aber unter Umständen im Namen der Gerechtigkeit und der Idee der Sozialen Marktwirtschaft hinzunehmen“, so der Bischof. In der Debatte über Mindestlöhne schwinge viel Ideologie mit: „Mindestlohn ist weder ein Allheilmittel noch der Untergang des Abendlandes.“

Mit Nachdruck kritisierte der Bischof, dass der Bildungserfolg nach wie vor stark vom sozialen Status des Elternhauses abhänge. „Dieses sage ich besonders auch als Ruhrbischof mit Blick auf ganze Stadtteile, denen man als junger Mensch gar nicht mehr entkommen kann.“ Zudem liege eine Ungerechtigkeit im Rentensystem, das Kinderlose bevorzuge und den Beitrag der Familien zur Zukunftssicherung der Gesellschaft nicht ausreichend berücksichtige.

Overbeck redet mit Bundestagsabgeordneten über Sterbehilfe.

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck diskutierte am Dienstagabend, 3. Februar, in Berlin mit Bundestagsabgeordneten über das Thema Sterbehilfe. Grundlage war ein Positionspapier des Essener Bischofs zum Thema, wie das Bistum mitteilte. An dem Gespräch in der Parlamentarischen Gesellschaft nahmen nach den Angaben unter anderen Bundestagspräsident Norbert Lammert, Unions-Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU), SPD-Vorstandsmitglied Kerstin Griese und die Grünen-Politiker Renate Künast und Volker Beck teil. Auch die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, war dabei.

Das Positionspapier gab der Bischof gemeinsam mit dem Bistumsrat für Gesundheit und Medizinethik, dem Juristenrat der Diözese und der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim/Ruhr heraus. Es plädiert dafür, „die geschäftsmäßige und organisierte Beihilfe zum Suizid“ unter Strafe zu stellen. Kommerzielle wie ehrenamtliche Sterbehilfevereine und einzelne Ärzte nutzten die Straffreiheit einer Beihilfe zum Suizid aus.

In der Stellungnahme fordert Overbeck zudem eine einheitliche Fassung des ärztlichen Standesrechtes zur Sterbebegleitung. Die Beihilfe zum Suizid als ärztliche Leistung widerspreche dem Ethos der Mediziner. Die Möglichkeiten der Palliativmedizin seien auszubauen.

Der Bundestag plant eine Regelung der Sterbehilfe noch in dieser Legislaturperiode. Parteiübergreifend herrscht Konsens darüber, dass Geschäfte mit der Tötung verboten werden sollen. Vier von fünf fraktionsübergreifenden Positionspapieren sprechen sich ferner dafür aus, alle organisierten Angebote zu untersagen. In Deutschland ist die Tötung auf Verlangen verboten. Der Suizid ist aber ebenso straffrei wie die Beihilfe dazu.

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