Wallfahrt in Levoca: Wo sich Soldaten begegnen
Jedes Jahr pilgern Ende Juni, Anfang Juli mehrere Hunderttausend Menschen zur Basilika Maria Heimsuchung im slowakischen Levoca. Es ist damit die größte Wallfahrt der Slowakei, und zudem eine, die weit über die Grenzen des kleinen Landes ausstrahlt.
Seit Jahren mit dabei sind auch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, früher immer angereist aus Deutschland. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine haben einige von ihnen eine deutlich kürzere Anfahrt zu bewältigen, schließlich ist in Lest und Sliac, also in unmittelbarer Nähe zu Levoca, ein Kontingent stationiert. Organisiert von Militärdekan Siegfried Weber, dem Katholischen Standortpfarrer von Strausberg, und der Katholischen Soldatenseelsorge, sind sie Teil der Internationalen Soldatenwallfahrt. Mit polnischen und slowakischen Soldaten haben sie am Samstag, dem Tag vor dem großen Abschluss der Wallfahrtswoche, auf der großen Wiese vor der Basilika die Heilige Messe gefeiert.
Begleitet wurden die Angehörigen der Bundeswehr vom Katholischen Militärbischof Franz-Josef Overbeck, der nicht nur mit ihnen gemeinsam den Anstieg auf den Marienberg bewältigte, sondern auch zusammen mit dem slowakischen Militärbischof Frantisek Rábek die Messe zelebrierte. Vor dem Start hatten sich die Soldatinnen und Soldaten der drei Länder sowie Angehörige und Wallfahrer zu einer Andacht in der Stadt versammelt. Angesichts des Krieges im Nachbarland Ukraine, keine 150 Kilometer Luftlinie von Levoca entfernt, sagte der Bischof: „Wir haben Grund, gemeinsam um Frieden zu beten und die unzähligen Opfer von Gewalt vor Gott zu tragen.“ Es sei ein schönes Zeichen für den Frieden, diese Gastfreundschaft erleben zu dürfen.
Diese Gastfreundschaft war in der Tat überall zu spüren, wo sich die deutschen Pilger zeigten. In ihrer Unterkunft, dem Priesterseminar von Spisská Kapitula (Zipser Kapitel), aber auch überall dort, wo sie in Uniform unterwegs waren. Ein kurz zugerufenes „Willkommen bei uns!“ (viele Slowaken sprechen deutsch), interessierte und freundliche Blicke, und der Fernsehauftritt eines Stabsfeldwebels vom Fahnenkommando. Schon aufgestellt vor dem großen, vor der Basilika aufgebauten Altar, hatte er einem slowakischen Fernsehsender noch einige Fragen nach dem Woher und dem Grund für die Wallfahrts-Teilnahme zu beantworten. Und natürlich die Frage, wofür Soldaten denn beten? Die Antwort darauf war klar: „Für alle unsere Kameradinnen und Kameraden.“
Der gute Empfang, den die Slowaken der deutschen Delegation bereitet haben, wundert Militärdekan Weber nicht. Er hat schon an mehr als 15 Wallfahrten nach Levoca teilgenommen, kennt die Region sehr gut. Seine Familie mütterlicherseits stammt aus der Pfarrei Malsching im Böhmerwald und teilte das Schicksal der Vertreibung der Deutschen im Jahre 1946. Weber ist Kanoniker der Diözese Budweis. „Mir ist hier noch nie die deutsche Geschichte vorgehalten worden“, sagt er. Ganz im Gegenteil, die Bevölkerung sei den Deutschen gegenüber sehr freundlich und aufgeschlossen: „Es gibt eine gute Grundstimmung.“ Das zeige sich auch bei den Wallfahrtsvorbereitungen. Die Zusammenarbeit mit der slowakischen Militärseelsorge laufe gut, es gebe keine Probleme. Gut sei bei den Gastgebern auch der Besuch von Militärbischof Overbeck angekommen. „Das ist ein wichtiges Zeichen.“ Und was ist für einen Katholischen Militärpfarrer das Besondere an der Wallfahrt in Levoca? „Dass sich hier Soldaten begegnen können.“
Das sieht auch Bischof Overbeck so, der in der Andacht zum Auftakt der Soldatenwallfahrt gesagt hatte: „Frieden ist da, wo Begegnung ist.“ Diese Erfahrung hat auch Hauptfeldwebel Christian R. gemacht. Er ist seit einigen Monaten in der Slowakei stationiert, hat erstmals an der Wallfahrt teilgenommen und am Samstag die Fahne seiner Einheit den Marienberg zur Basilika hochgetragen. Das sei immer ein gutes Gefühl, sagt er. In Levoca sei er auch mit Soldaten aus Polen und der Slowakei ins Gespräch gekommen. „Es ist schön, dass sich hier unterschiedliche Kulturen kennenlernen.“
Theo Weisenburger
Zur Geschichte der Wallfahrt
Die Wallfahrt von Levoca hat eine jahrhundertealte Tradition, die auf die Zeit des ungarischen Königs Bela IV. im 13. Jahrhundert zurückgeht. Nach seiner Niederlage gegen die mongolischen Heere wurde das Land verwüstet und entvölkert. Fast die Hälfte der Bewohner dürfte den Tod gefunden haben. Jene Menschen, die sich in die Wälder geflüchtet hatten, schmückten Bäume mit Marienbildern. Auf diese Weise entstand der Marienort.
Im Jahr 1470 baute man die ursprüngliche Wallfahrtskapelle zu einer kleineren gotischen Kirche um. Dort wurde eine Marienstatue verehrt, die bis heute das zentrale Symbol der Wallfahrt von Levoca ist. Auf dem Marienberg wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrere Kirchen errichtet, die immer wieder zerstört wurden. Die bestehende Kirche im neogotischen Stil stammt aus den zwanziger Jahren.
Auch in der kommunistischen Zeit hatte die Wallfahrt große Bedeutung. 1995 nahmen im Rahmen des Papstbesuches 650.000 Gläubige aus allen Ländern der Region an der größten Wallfahrt teil. Die Wallfahrt findet jährlich am ersten Sonntag im Juli statt.